Nein, ich wollte es wirklich nicht. Ganz bestimmt nicht.
Ehrlich. Ich gebe diesbezüglich jetzt keine Versicherung an Eides Statt ab,
aber diese Seite sollte (und wird ganz sicher auch) sich mit Belangen der
Limburger Altstadt, deren Probleme, Sorgen, Kämpfe, Lasten und auch Freuden
befassen. Das Ziel war nicht, eine öffentliche Plattform zu schaffen, die ständig den aktuellen Bischof von Limburg im Fokus hat.
Sich selbst zu demontieren schafft er mit seinen Begierden, seinen öffentlichen
Auftritten sowie seinem ganz eigenes Verständnis von Kommunikation problemlos
ganz alleine. Ohne jede Hilfe.
Ich wollte es wirklich nicht. Wie gesagt. Und jetzt das.
Zwei Kommentare hintereinander, die sich beide mit demselben, leidigen Thema
befassen. Müssen. Ich verspreche, ich werde alles tun, dass es nicht wieder
vorkommt. Aber es ist leider unvermeidlich. Und wird, so hat man mir
zugetragen, auf dieser Seite bereits vom einen oder anderen mit Spannung
erwartet. Also bin ich in der Pflicht und muss gehorchen. Sozusagen.
Er hat es wieder einmal geschafft, auf den Titel- bzw. Startseiten
aller maßgeblichen Organe der öffentlichen Meinung off- und online zu
erscheinen, mit der Meldung, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg ein förmliches
Ermittlungsverfahren wegen einer Falschaussage an Eides Statt eingeleitet hat. Grundlage
der Entscheidung ist, dass nach Überprüfung der Sachlage ein begründeter
Anfangsverdacht besteht.
In der Nähe des Tatorts? (c) Thomas Max Müller/pixelio.de |
Was ist eigentlich geschehen? Eine kurze Zusammenfassung der
Ereignisse in eigenen Worten. Im Sommer des vergangenen Jahres war der Bischof
von Limburg mit diversen Journalisten auf dem Domberg unterwegs. Er war gerade
erst von einer Reise zurückgekehrt, bei der er auf der Suche nach Beweisen zum
Erlangen einer Privatheiligen für das Bistum in Indien war, hatte diese aber
mit einem Alibibesuch bei den Ärmsten der Armen getarnt. Die Reise. Nicht die
Heiligwerdensollende. Ein anwesender Spiegel-Reporter fragte ihn, ob er Erster
Klasse geflogen sei. Business-Klasse, war die eindeutige Antwort. Zu dem
Zeitpunkt lief eine Kamera und das Gespräch wurde dokumentiert. Schnelle
Recherchen des betreffenden Reporters ergaben, dass der Bischof und ein
Begleiter sehr wohl Erster Klasse geflogen waren.
Das war der Punkt, an dem das ganze Desaster begann. Eine
Katastrophe von geradezu biblischen Ausmaßen. Die Ursache der Verwüstungen sind
aber nicht Heuchelei, Luxusgier, Protzsucht und Weltfremdheit des kirchlichen
Würdenträgers. Darüber kann sich inzwischen wohl jeder sein ganz eigenes Urteil
bilden und die Verhaltensweisen zwischen Predigen und Handeln sprechen eine eindeutige
Sprache.
Was sich in der Folge ereignete und noch ereignet, ist hingegen
ein so mustergültiges PR-Desaster, dass es an allen Instituten für Publizistik
und Kommunikation als abschreckendes Beispiel für ein Seminar
herangezogen werden könnte. Wahrscheinlich sogar in absehbarer Zeit wird.
Droht Gerechtigkeit? (c) lupo/pixelio.de |
Die mediale Landkarte Deutschlands ist gepflastert mit PR-,
Marketing-, und Kommunikationsberatungsagenturen. Anders als Laien annehmen,
ist deren primäre Aufgabe jedoch nicht, Menschen, Unternehmen und Institutionen
bestmöglich zu verkaufen. Das Kerngeschäft dieser Berater liegt darin zu
verhindern, dass sich ihre Klienten selbst SCHADEN. Das Zauberwort ist dabei
Krisenkommunikation. Wenn alles läuft, braucht man kaum eine Beratung. Die ist aber
in einem Fall dringendst nötig, den der gemeine Amerikaner sehr drastisch aber
wunderbar treffend wie folgt beschreibt: „When the shit hits the fan“.
Teutonisch: Wenn die Fäkalien in den Ventilator fliegen. DANN kann man so ungefähr
alles falsch machen, insbesondere wenn man den Reflexen Raum gibt und genau das
absondert, das auch juvenile Delinquenten äußern, selbst wenn sie mit der
Tatwaffe neben der Leiche angetroffen werden: „Schwarwsnich. Weißnich.“
Was wäre im aktuellen Bischofsfall die beste Vorgehensweise
gewesen?
Es wird im Bistum bekannt, dass der Spiegel auf dem
Kriegspfad ist. Wie es seriöse, journalistische Gepflogenheiten vorschreiben,
wird beim BO noch einmal konkret nach dem Flug gefragt. Es ist vollkommen klar,
dass der SPIEGEL etwas schreiben WIRD, in der bekannt süffisanten Art. Das ist
NICHT zu verhindern! Das Einzige, was jetzt auf dem Programm stehen kann, ist
Schadensbegrenzung. Also wäre JETZT die Gelegenheit gewesen mitzuteilen, dass
Bischof nebst Begleiter Erster Klasse geflogen sind, dass dies warum auch immer
erforderlich war, phantasievolle Erklärung einfügen, dass der Bischof die Frage
des Reporters auf dem Domberg so verstanden hatte, dass dieser wissen wollte,
welche Art Flug vom Bistum bezahlt wurde und dass das Upgrade auf die Erste
Klasse durch privaten Bonusmeilen geregelt wurde.
Mehr konnte man nicht tun und das Ganze wäre von weiten
Teilen der Öffentlichkeit mit einem Achselzucken abgetan worden: Naja, DER halt
wieder. Oder: na und?
Doch das, was stattdessen folgte, war als Aktion an Naivität
und Weltfremdheit absolut nicht zu überbieten. Man stellte den Ventilator nicht
ab, sondern auf Stufe drei. Das BO geruhte, eine Anwaltskanzlei loszuschicken,
mit einer UNTERLASSUNGSERKLÄRUNG nebst Kostenrechnung. Man sollte sich
verpflichten, nicht zu behaupten, der Bischof sei Erster Klasse geflogen. Was
dieser eideststattlich anliegend versicherte. Wohlgemerkt, dieses Schriftstück
ging nicht an Die Bäckerblume oder das Amtliche Mitteilungsblättchen
Hinterdingolfingsdings. Sondern an DEN SPIEGEL. An das größte und wichtigste deutsche Nachrichtenmagazin. Das Organ, das ganze Horden von cleveren
Medienanwälten beschäftigt, die Artikel auf juristische Fallstricke überprüfen
und dafür sorgen, dass das politische Wochenblatt nur alle Schaltjahre mal zum
Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtet wird und praktisch nie zum
Widerruf!
Es kam, was kommen musste. Der Spiegel berichtete. Der
Spiegel berichtete über die versuchte Einflussnahme. Ganz Deutschland sprang
auf die Meldung auf. Und das Bistum musste nicht viel später wortreich und
inhaltsarm und weitere Fragen aufwerfend zugeben, dass der Flug sehr wohl auf
dem Oberdeck stattgefunden hatte. Dem Exklusiven.
Mit dem höhnischen Gelächter und den üblichen Kommentaren
wäre die Sache nun eigentlich erledigt gewesen. Doch da war dieses eine Schriftstück. In dem
an Eides Statt behauptet wurde, man sei nicht erstklassig unterwegs gewesen. Und
eine derartige Behauptung sei gegenüber dem Reporter nie aufgestellt worden.
Aber die Kamera war eben an.
Hier Drachen. Irgendwo. (c) Maren Beßler/pixelio.de |
Eidesstattliche Versicherungen gibt es in vielen Bereichen. Der
eine oder andere dürfte Formen davon kennen („Schhabnix“). Wer eine falsche EV
abgibt, macht sich strafbar. Es ist kein Antragsdelikt. Also hätte die
zuständige Staatsanwaltschaft von Amts wegen ermitteln müssen und damit, nichts
von dem Delikt gewusst zu haben, kann man sich kaum herausreden. Immerhin stand
es in allen Zeitungen. Es passierte aber nichts, bis sich drei Menschen aus nur
ihnen bekannten Motiven genötigt sahen, förmlich Strafanzeige zu erstatten. Die
Sache wurde an die StA Hamburg abgegeben, die erst einmal prüfte, ob ein
Anfangsverdacht besteht. Was überraschend viel Zeit erforderte. Nunmehr wird
bestätigt, dass das der Fall ist.
Aber was tut unser aller BO in diesem Fall? Es DEMENTIERT!
Das muss man sich einmal vorstellen. Hamburg bestätigt über die Leitung ihrer Pressestelle
besagtes Ermittlungsverfahren und die Spezialisten für Öffentlichkeitsarbeit in
Diensten des Bischofs haben nichts Besseres zu tun, als zu sagen, dass man bei
der Staatsanwaltschaft lügt. Sagenhaft. Eltern kleinerer Kinder kennen das Phänomen. Wenn ich nur die Augen fest zumache, dann sieht
mich das Monster nicht...
Die Medienlandschaft der Republik endet in der
Vorstellung des Bistums ganz offenbar in einer Ecke des Neumarkts. Dort hat man
in den meisten Fällen die richtigen Menschen an den richtigen Stellen, die
schon dafür sorgen, dass das Richtige gedruckt wird. Und das Wichtige nicht.
Was den Rest der Welt jedoch betrifft, sind Pressestelle des BO und ihr Oberster
Hirte mit defektem Kompass und ohne Sextant unterwegs, jedem Sturm ausgesetzt und haben keine
Vorstellung, wo sie sich befinden. Im Mittelalter schrieb man auf Seekarten von
Gebieten, von denen man keine Ahnung hatte oder in die man sich nicht traute:
Hier Drachen.
Das Bistum ist von lindwurmverseuchten Gewässern nur so
umgeben. Wir sind gespannt, wann die klerikale Limburger Galeere auf das
nächste Riff läuft.