Freitag, 24. April 2015
Stadt Limburg verbietet "Ras in den Mai"
"Nicht in MEINER Stadt", sagt der Sheriff von Limburg und holt die ganz große Keule raus.
Dieses Dokument (hier kurioserweise noch als "Entwurf" gekennzeichnet) hat die Stadt LM soeben herausgegeben:
Donnerstag, 23. April 2015
Kriminalitätsreport Limburger Altstadt (4 und Schluss)
Sicherheit ist immer ein heikles
Thema, denn es gilt den Spagat zwischen dem bewachten Bürger und dem überwachten
zu schaffen. Soll heißen, jede Forderung nach mehr Polizei-Personal und Präsenz
birgt die Gefahr, dass sich die Menschen eingeschränkt und überwacht fühlen.
Totale Sicherheit ist nicht
möglich, jedenfalls nicht ohne gleichzeitigen Totalverlust aller Bürgerrechte.
Wenn alle an allem immer gehindert werden, kann niemand mehr etwas tun. Nichts Böses.
Aber auch sonst nichts. Dies gilt es immer zu beachten.
Mehr Polizei muss nicht
gleichbedeutend mit Polizeistaat sein. Aber die Gefahr lauert natürlich in den
Ecken, insbesondere in Anbetracht der jüngeren Geschichte.
Dies nur als Vorbemerkung zur
abschließenden Würdigung der Situation in Limburg.
Trügerisches Idyll |
Das Ziel dieser Artikelserie ist
es nicht, Ängste zu schüren oder gar eine Panik hervorzurufen. Aber es ist
höchste Zeit, einige Probleme und Situationen einmal offen an- und
auszusprechen.
Die Limburger Altstadt ist in Sachen
Kriminalität sehr viel schlechter gestellt, als allgemein bekannt. Die
Statistiken geben nur einen kleinen und unzureichenden Ausschnitt der
tatsächlich begangenen Taten wieder. Bezüglich des Sicherheitsgefühls der
Geschäftsleute, Bewohner und Besucher sind sie sogar ohne jede Aussagekraft.
Es ist zwar nicht so, dass man in
den Gassen der Altstadt zu jeder Tages- und Nachtzeit um Leib, Leben, Hab und
Gut fürchten muss. Aber eine erhöhte Wachsamkeit ist schon angesagt.
Will man die Gesamtsituation
beurteilen, darf man den Fokus jedoch nicht nur auf die lokale Lage richten.
Für ein sicheres Leben und Arbeiten an einem Ort sind nämlich drei verschiedene
Parteien (nicht im Sinne von politischen…) verantwortlich.
Das Land Hessen
Die Sicherheit der Bürger ist
Landessache. Hinter dieser gesetzlichen Regelung stand die Vorstellung, dass
man an jedem Ort des Landes Hessen gleich gefährdet oder eben ungefährdet sein
sollte. Keiner durfte die Chance haben, Sicherheit zu kaufen. Wären
Strafverfolgung und Prävention eine kommunale Aufgabe, könnten sich die reichen
Städte viele Polizisten und damit Sicherheit leisten und in den armen würde die
Gesetzlosigkeit herrschen.
Gleiches Recht und gleiche
Sicherheit für alle sind eine schöne Vorstellung.
Doch die Entwicklung der letzten
30 Jahren hat dazu geführt, dass Bürger nicht überall gleich gut beschützt
werden, sondern dass sie überall gleich gefährdet sind.
Landesaufgabe |
Das Desaster begann damit, dass alle
Bereiche der öffentlichen Haushalte der Beurteilung durch weltfremde
Betriebswirtschaftler unterworfen wurden, die nicht mehr als Gewinn- und
Verlustrechnung beherrschten. „Wirtschaftliches Handeln“ war das
Totschlagargument. Man stellte fest, dass die Polizei das Land Hessen mehr Geld
kostete, als sie in Form von Bußgeldern und indirekt Strafen nach Verurteilung
von Straftätern einbrachte. Der einzige Schluss, den man daraus zog, war:
Sparen. Streichen, knausern, reduzieren.
Die absurde Vorstellung,
Sicherheit sei in irgendeiner Form in einem Jahreshaushalt monetär zu bewerten,
dominierte nun alles. Mangels Fantasie und harter Daten (die natürlich nicht
erhoben wurden), wurde jeder mittel- bis langfristiger Nutzen einer modernen
(inneren) Sicherheitspolitik kurzerhand ignoriert.
Das Resultat ist heute, dass es
immer weniger Stellen bei der Polizei gibt. Das Verhältnis von Polizisten pro
Tausend Bürger ist seit ewigen Zeiten krass rückläufig. Immer mehr Reviere
wurden und werden geschlossen oder in nur teilbesetzte Posten umgewandelt. Die
Ausrüstung der Polizei wird zusammengestrichen, der Fuhrpark sowieso. Viele
Beamten müssen mit vorsintflutlicher EDV arbeiten, die mehrere Generationen hinterher
hinkt.
Für den kleinen Controller im
Rechnungshof (sie und ihre Planstellen vermehren sich wie die Fliegen…) scheint nur ein nicht
mehr vorhandener Polizist ein guter Polizist zu sein. Haushaltstechnisch.
Beschlüsse werden heute nicht mehr
nach Einsatzerfordernissen getroffen, sondern aus undurchschaubaren und in
jedem Fall sachfremden Erwägungen. Der letzte Schildbürgerstreich der ganz
besonderen Art ist die Idee der Landesregierung, die örtlichen Notrufzentralen
zu schließen! Diese sollen in ein paar wenige „Hilfe-Callcenter“ zusammenfasst
werden, in denen der Notrufer dann irgend einen Disponenten ans Ohr bekommt,
der von dem Ortsteil, in dem er dringend Hilfe braucht, noch nie im Leben etwas
gehört hat. Geschweige denn von der Straße oder gar der regional üblichen
Bezeichnung.
Rasche Beute |
Die Sicherheitspolitik Hessens
ist ein erschreckender Amateurzirkus, in dem Fachwissen nicht gefragt ist. Die
Polizei und ihre Vertreter sind in einer Zwickmühle. Sie dürfen nämlich
beamtenrechtlich nicht das sagen, was sie wirklich wissen und meinen. Sie sind
zu einer Vasallentreue verpflichtet und dürfen maximal auf dem Dienstweg das
Fingerchen mahnend heben. Um dann ignoriert zu werden.
Die Kriminalstatistik wird so
geführt, dass sie eine möglichst hohe Aufklärungsquote ausweist. Immer wieder
werden Aktionen durchgeführt, die nur dem Zweck dienen, die Bilanz zu schönen.
Fahren ohne Fahrerlaubnis, mit nicht zugelassenem Fahrzeug und Drogen und
Alkohol am Steuer sind alles Delikte, bei denen die Aufklärungsrate bei 100%
liegt. Oder hat schon mal jemand von einer „ungeklärten Trunkenheitsfahrt“
gehört? Also gibt es immer wieder Kontrollstellenorgien, bei denen die
absoluten Fangzahlen im Verhältnis zu den kontrollierten Wagen lächerlich sind.
Aber für die „Aufklärungsquote“ sind sie statistisches Gold.
Die Landespolitik ist in erster
Linie bemüht, das eigene Versagen und den beharrlichen Rückzug aus der inneren
Sicherheit zu kaschieren.
Dem Bürger wird immer wieder erzählt,
er sei sicher. Oder es werden ihm sogar Polizisten-Dummies als wandelnde
Notrufsäulen präsentiert („Freiwilliger Polizeidienst“), um „das subjektive
Sicherheitsgefühl zu stärken“.
Doch warum ist dieses dann immer
weniger vorhanden?
Die lokale Politik
Städte sind rechtlich gesehen für
die Sicherheit ihrer Bürger sachlich nicht zuständig. Das Ordnungsamt und seine
Helfer sind keine Strafverfolger und Verbrechensverhinderer, ganz gleich wie
sich der eine oder die andere HIPO auch aufführt.
Bürgermeister, Stadträte oder
Amtsleiter sind der Polizei gegenüber nicht weisungsbefugt.
Trotzdem tragen auch sie eine
Verantwortung, nämlich eine politische. Die lokalen Behörden und Politiker sind
durchaus in der Pflicht, sobald die Sicherheit ihrer Bürger in Gefahr ist. Sie
müssen an den zuständigen Stellen aktiv werden und für politischen und
öffentlichen Druck sorgen, sobald klar wird, dass das Land seinen gesetzlichen
Pflichten nicht mehr nachkommt.
Ohne beständige politische Arbeit
auf kommunaler Ebene wird sich nichts ändern. Dazu ist aber Voraussetzung, dass
sich Bürgermeister und Verwaltung überhaupt für die Belange der Bürger
interessieren und ihre Sorgen und Probleme ernst nehmen.
Es wird eng... |
In Limburg sind in dieser
Hinsicht leider erhebliche Zweifel angebracht. Wie es scheint, existiert im
Bewusstsein der Stadtregenten kein Sicherheitsproblem.
Ich habe bei der Stadt angefragt,
ob es ein Sicherheitskonzept für die Limburger Altstadt gibt.
Die Antwort war – gar keine.
Es existiert also für eine Stadt,
die sich damit brüstet, jedes Jahr eine gute Million Besucher aller Art zu
beherbergen, kein Maßnahmen- und Erkenntniskatalog, der in Zusammenarbeit
zwischen den Behörden, Polizei und Betroffenen entstanden wäre und die Belange
aller berücksichtigt.
Ohne ein Problembewusstsein
werden Lokalpolitiker aber nichts unternehmen. Bemerken sie selbst nichts, muss
man sie mit der Nase darauf stoßen – und nicht nur bei kleinen
Wahlveranstaltungen mal ein paar Sätze sagen, die dann eifrig mitgeschrieben
und vergessen werden.
Die Betroffenen selbst sind aufgerufen,
dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen sich darüber bewusst werden, wie es
den Menschen in der Stadt geht und welche Sorgen und Ängste sie umtreiben.
Die im Stich Gelassenen
Den betroffenen Bürgern steht ein
ganzer Katalog an Reaktionen zur Verfügung, um auf die eigene Situation
aufmerksam zu mache. Nur ist dieser den wenigsten bekannt oder es traut sich
kaum jemand, tätig zu werden.
Dabei ist es nicht besonders
schwer. Man muss sich nur ein wenig Zeit nehmen, es anzugehen.
Es ist ein weit verbreiteter
Irrtum, wenn man glaubt, nach Abgabe seiner Stimme hätte man als Bürger keinen
Anspruch an seinen Abgeordneten mehr. Aber das Gegenteil ist der Fall. Immerhin
vertritt er im Landesparlament genau den Wahlbezirk, in dem er siegte, und die
dortigen Bürger dürfen erwarten, dass er ihre Interessen wahrnimmt.
Sobald jemand also ein Problem
hat, dessen Ursache auf Landesebene zu suchen ist, wäre „sein“ Abgeordneter der
erste Ansprechpartner.
Irrelevant und hilflos |
Auf die lokale Situation gemünzt
heißt das, jedes Mal, wenn jemand in Limburg Opfer einer Straftat wird und der
Ansicht ist, diese sei zu verhindern gewesen, hätte es mehr Polizeipräsenz
gegeben oder wäre diese schneller vor Ort gewesen, sollte er dies seinem
Abgeordneten mitteilen. Dabei sollte er ihn auffordern, alles zu tun, dass in
Zukunft so etwas verhindert wird und er möge doch bitte mitteilen, was er
unternommen hat.
Nachrichtlich kann man eine
solche Botschaft an den Bürgermeister schicken, mit der dringenden Bitte,
gleichfalls politisch aktiv zu werden, um das Land dazu zu bringen, die Sicherheit
seiner Bürger zu gewährleisten.
Es schadet auch nicht, dem
Innenminister, der für die Polizei zuständig ist, mitzuteilen, wenn man mit der
Lage unzufrieden ist, in Gefahr war oder zu Schaden gekommen ist. Je konkreter
die jeweilige Situation geschildert wird, umso besser. In einem der vorangegangenen
Artikel habe ich Bezug auf den Umstand genommen, dass Rettungsdienste innerhalb
von 10 Minuten vor Ort sein MÜSSEN, die Polizei aber keiner Regel unterworfen
ist. Jedes Mal, wenn es nach der Wahl
der 110 länger als 10 Minuten dauert, bis polizeiliche Hilfe eintrifft, sollte
man sich also beim Innenministerium darüber beschweren.
Sehr wichtig ist es außerdem, wie
bereits erwähnt, dass jede, aber auch wirklich JEDE Straftat angezeigt wird.
Die Statistiken dienen in erster Linie als Alibi, nichts zu tun. Doch die
erscheinen jährlich und diesen Umstand kann und muss man nutzen. Je höher die
Zahl der real unaufgeklärten Taten ist, die in den Jahresberichten erscheinen,
desto besser.
Nur wenn der Druck auf die
Politik beharrlich erhöht wird und von vielen Seiten kommt, besteht die Chance,
dass sich etwas ändert.
Mittel- bis langfristig.
Für die akute Lage ändert dies leider
erst einmal nichts.
Gegenwärtig sind die Bürger,
Besucher und Geschäftsleute auf sich selbst gestellt.
Ihnen kann man nur einige,
generelle Ratschläge geben.
Aufmerksam sein und auf einander
aufpassen ist dabei etwas, das von Geschäftsinhaber(innen) erfreulicherweise
schon gut praktiziert wird. Der nächste Schritt wäre, die Hemmungen abzulegen
und im Zweifel die Polizeilieber einmal zu viel zu rufen als zu wenig. Alles,
was verdächtig vorkommt, sollte weiter gegeben werden. Dabei sollte man
natürlich nur im akturen Notfall die 110 wählen. Für alle anderen Mitteilungen
reicht die 91400, die allgemeine Rufnummer der Polizei in Limburg.
Zusammenschließen, Augen offen halten! |
Die wenigen Streifen, die
durchgeführt werden, sollte man bei Gelegenheit für Gespräche nutzen, um zu
erfahren, was passiert und selbst einen Überblick über die aktuelle Lage zu
geben.
Der falsche Ansprechpartner für
die Sicherheit sind allerdings die Mitarbeiter des Ordnungsamts und die
Hilfspolizei. Diese werden in der Limburger Altstadt ja leider in erster Linie
dazu eingesetzt, um Wirte und Geschäftsleute zu gängeln und zu schikanieren, nicht zur Durchsetzung ihrer Rechte und Belange…
Die oberste Regel im Umgang mit
Kriminalität heißt für die Betroffenen: Begib Dich nicht in Gefahr. Keine Sache
und kein Geld ist es wert, dass man dafür körperliche Schäden oder mehr
riskieren sollte. Dinge sind ersetzbar. Leben und Gesundheit nicht.
Gäbe es eine ernstzunehmende
Organisation für die Geschäftsleute der Altstadt, wäre über diese einiges zu
erreichen. Ein Zusammenschluss der Gefährdeten könnte Vorträge,
Informationsveranstaltungen und Seminare organisieren, bei denen ECHTE
Fachleute mit Betroffenen das richtige Verhalten erörtern und üben könnten. Es
gibt Beratungen durch die Polizei auch für Geschäftsleute und sehr kompetente,
private Veranstalter, die sich auf die Sicherheit von Unternehmern
spezialisiert haben. Diese könnten Präventions- und Ernstfallschulungen
anbieten.
Darüber hianus könnten sich die
Organisierten mit anderen Netzwerken in Städten austauschen, die eine ähnliche
Sicherheitslage haben und über dortige Strategien informieren und selbst die eigenen
Erfahrungen einbringen.
In vielen Städten gibt es „Pro
Polizei“-Vereine, die sich mit genau diesen Themen befassen. Eventuell wäre die
Gründung einer solchen Organisation auch für Limburg eine Idee.
Sicherheit in Limburg war lange
Zeit kein Thema. Doch interessanterweise scheint es gelungen zu sein, die
Öffentlichkeit in der letzten Zeit für diesen Komplex mehr zu interessieren. So
befasste sich unlängst ein größerer Artikel in einer lokalen Zeitung mit Einbruch
und den professionellen Banden, die oft genug dahinter stecken. Vielleicht
hatte das ein klein wenig mit dieser Artikelserie zu tun…
Was bleibt als Fazit?
Die Sicherheit der Limburger
Altstadt ist ein Problem, das bislang beharrlich ignoriert wurde.
Jeder ist aufgerufen, seinen
Beitrag zu leisten, dass die Lage besser wird. Die Betroffenen. Aber in erster
Linie die zuständigen Politiker.
Ich werde weiter beobachten und
berichten…
Montag, 20. April 2015
Aktive Kernbereiche Hessen - und was Limburg daraus macht
Innenstädte
veröden, Quartiere verkommen und verdrecken, Läden stehen leer, Grünanlagen
werden zu Mülldeponien: Das ist das deprimierende Bild, das die Stadtteile
vieler Kommunen bieten. Nicht zuletzt der grassierende Mall-Wahn der letzten 20
Jahre, bei dem jede Stadt unbedingt ein Mega-Einkaufszentrum mit 150 Läden
errichten musste, hat dazu geführt, dass früher intakte Plätze und Straßenzüge
praktisch abgestorben sind.
Mitten drin - und doch am Rand. |
Das
Land Hessen hat ein geniales Programm aufgelegt, mit dessen Hilfe betroffene
Städte dem entgegensteuern können. Doch es geht nicht darum, Gelder im
Gießkannenprinzip zu verteilen, um irgendwelche von oben herab verordneten
Baumaßnahmen zu subventionieren.
Die
Programmgestalter haben ihre Hausaufgaben nämlich hervorragend erledigt und haben
sich bei ihrer Konzeption auch mit den Höhen und Tiefen des menschlichen Wesens
befasst. Zentrale Erkenntnis war, dass nur dann etwas eine Aussicht auf Dauer
hat, wenn möglichst viele Menschen sich damit identifizieren, sich dafür
einsetzen und sich selbst darum kümmern, dass es weiter besteht und nicht ge-
oder zerstört wird.
In
Bezug auf Stadtplanung bedeutet das: Je mehr Bürger an der Gestaltung ihrer
unmittelbaren Umgebung beteiligt sind, desto mehr werden sie diese als IHRE
betrachten und für sie sorgen.
Daher
ist die Bezuschussung von Projekten aus dem Programm Aktive Kernbereiche Hessen
an ganz klare Vorgaben geknüpft. Nicht die Politik bestimmt, was wie und wo
getan wird, sondern die Menschen. Das Stichwort ist dabei:
Lokale Partnerschaften
Ein zentrales Kennzeichen des Programmes
Aktive Kernbereiche in Hessen ist die Programmvorbereitung und -umsetzung in
öffentlich-privater Partnerschaft. Durch eine intensive Einbindung und
Vernetzung der örtlichen Akteure sollen die unterschiedlichen Interessen
koordiniert, Eigeninitiative der Privaten geweckt und unterstützt sowie die
lokalen Ressourcen gebündelt werden. Im Sinne eines urban-governance-Ansatzes
sollen alle Akteure der Stadt- und Ortsteilzentren, zum Beispiel Unternehmer,
Grundstücks- und Immobilieneigentümer, Bewohner, Vertreter von Kultur- und
Sozialeinrichtungen, gemeinsam mit der Verwaltung Konzepte und Projekte zur
Stärkung der Zentren entwickeln und realisieren. In den Programmgebieten sind
dazu operative „Lokale Partnerschaften“ zu gründen, die sich aus Vertretern von
Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft zusammensetzen. Sie haben die
Aufgabe, die Programmumsetzung zu steuern.
Die
Botschaft ist klar und unmissverständlich: Im Mittelpunkt stehen die gemeinsamen Interessen von Politik,
Wirtschaft und Bürgern. Diese sollen sie mit dem Landesgeld gemeinsam und verantwortungsvoll umsetzen.
Als
die Kunde vom Programm Aktive Kernbereiche Hessen Limburg erreichte, verstand
man von alldem nur eins: GELD.
Sonst
NICHTS.
In
Limburg kommt nach den Vorstellungen der politischen Führung und weiter Teile der
Verwaltung der Bürger als Partner
absolut nicht in Betracht. Vielmehr ist er der Feind, den es in erster Linie zu
bekämpfen und von allem auszuschließen gilt.
Autos oder Nichtautos |
Bei
den bisherigen Maßnahmen in der Innenstadt, die zum Großteil aus dem Programm
Aktive Kernbereiche finanziert wurden, hatten die Bewohner der betroffenen
Bereiche keinerlei Mitspracherecht.
Im
Jahr 2009 gab es einen „Workshop“ und 2011 ein „Werkstattgespräch“. Danach nur
noch reine „Informationsveranstaltungen“ auf denen jeweils kleine Teile dessen
offenbart wurden, was von der Politik beschlossen wurde.
Von
der Lokalen Partnerschaft waren die Bürger völlig ausgeschlossen!
Auf
eine geradezu dreiste Weise verfälscht der Magistrat der Stadt Limburg in
seinem Bericht zum Programm aktive Kernbereiche die elementare Zielsetzung.
Wörtlich
heißt es hier:
Die Lokale Partnerschaft setzt sich aus
örtlichen Akteuren zusammen. Durch deren Einbindung können unterschiedliche
Interessen besser koordiniert, Eigeninitiative der Privaten geweckt und
unterstützt sowie lokale Ressourcen gebündelt werden. So sind Unternehmen,
Vereine und die Eigentümer von Immobilien einbezogen.
Aus
dem zwingenden SOLL wird in Limburg ein KANN, alle in der Landeskonzeption
aufgeführten Bürgergruppen werden kurzerhand gestrichen und der alles entscheidende
Satz fällt ganz unter den Tisch:
Sie (die Gruppen der Lokalen
Partnerschaft) haben die Aufgabe, die
Programmumsetzung zu steuern.
In
Limburg hingegen war und ist die Lokale Partnerschaft nicht Keimzelle und Motor
des Programms, sondern alibiweise installierter Abnickverein, der seit 2009
gerade 15-mal zusammentraf, ohne dass den Auserwählten irgend eine
Entscheidungsbefugnis zugestanden wurde.
Und
wie kann man drei „Bauabschnitte“ betreuen und die Programmumsetzung steuern,
wenn man gerade anderthalb Mal im Jahr zusammenkommt?
Die
betreffende Elitegruppe soll darüber hinaus für alle örtlichen Bereiche zuständig
sein, unabhängig davon, ob die Mitglieder überhaupt die geforderten
Voraussetzungen erfüllen!
Der
Neumarkt ist der letzte Abschnitt, dem nun Ungemach droht. Selbst wenn der Lokalen
Partnerschaft die Rolle zugestanden würde, die das Land Hessen zwingend fordert,
würde dies dem Neumarkt nicht zu Gute kommen.
Von einigen erwünscht: Ödnis |
Die
Zusammensetzung des 18-köpfige Alibigremium ist nämlich mehr als abenteuerlich.
Der
Altstadtkreis, der mit der Neustadt absolut nichts zu tun hat, hat gleich zwei
Sitze.
Dazu
ist ein Unternehmer Mitglied, dessen geschäftliches Interesse weit außerhalb
der betroffenen Bereiche liegt und dessen oberstes Ziel erwiesenermaßen in der
SCHWÄCHUNG des Kernbereichs liegt.
Ein
Geschäftsinhaber hat sein Unternehmen in der Werner-Senger-Straße.
Der
Geschäftsführer eines Kaufhauses am gleichen Ort ist im Gremium.
Damit
reduziert sich die Zahl der relevanten Mitglieder schon auf 13.
Von
diesen 13 sind 7 (sieben) in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Verwaltung
oder politischer Gremien in der Lokalen Partnerschaft, also Partei der Lokalpolitik.
Von
den verbliebenen sechs gehören gleich 3 (drei) Mitglieder einer einzigen
Organisation (City-Ring) an.
Es
bleiben also drei Menschen von 18.
Einer
ist ein Geschäftsinhaber am Rande des Neumarkts, dessen Interessen aber bereits
durch seinen Geschäftsführer im City-Ring vertreten sind, einer
Immobilienbesitzer mit Liegenschaft an einem unbekannten Ort und ein Immobilienverwalter für ein Anwesen am Neumarkt.
In
der Limburger Lokalen Partnerschaft sind die Betroffenen vom Neumarkt also mit
viel gutem Willen mit gerade einmal zwei Stimmen vertreten.
In
einem Gremium, dem in grober Missachtung aller Richtlinien alle wesentlichen
Entscheidungsbefugnisse vorenthalten werden.
Keinerlei
Gehör finden bei den Plänen für den Neumarkt Anwohner, Gastwirte, Ärzte und Therapeuten
mit Praxen dort, Patienten, Kulturelle Vereinigungen und Organisationen,
konfessionelle Gruppen oder Vereine aus dem reichen Spektrum des lokalen
Lebens. Schülervertreter der angrenzenden Schule sind genauso ausgeschlossen wie
Marktbeschicker und Veranstalter, die den Neumarkt für periodische Events
nutzen.
Ist
es da ein Wunder, wenn urplötzlich ein „autofreier Neumarkt“ vom Himmel fällt
und als beschlossene Sache verkauft wird, gegen die kein Widerstand mehr
möglich ist?
Für
die Grabenstraße ist es wohl zu spät, noch etwas zu erreichen.
Hier
können maximal noch Details variierte werden.
Aber
die Opfer vom Neumarkt haben noch eine Chance. Sie müssen sich nur
organisieren, die Stimme erheben und ihre verbrieften Rechte einfordern.
Die
Macher des Programms Aktive Kernbereiche Hessen ahnen nichts von den absurden
Verhältnissen in Limburg. Dort muss man alles glauben, was die Verantwortlichen
der Stadt erzählen. In Wiesbaden bekommt niemand mit, was wirklich geschieht.
Wenn von Bürgerbeteiligung und Lokaler Partnerschaft geredet wird, dann ist das
Land Hessen zufrieden. Überprüft werden die Behauptungen nicht.
Falls
es gelingt, in Wiesbaden in großer Zahl und mit einer Stimme sprechend
vorstellig zu werden, besteht noch eine Möglichkeit, dass das Programm Aktive
Kernbereiche Hessen wenigstens für den Neumarkt genauso genutzt und umgesetzt
wird, wie vorgesehen.
Es
wäre am Ende in Limburg dann zwar nur in einem von vier Fällen gelungen. Doch
der Neumarkt würde mit Abstand am meisten darunter leiden, wenn die Machthaber
ihn zugunsten eines Einzelnen und seiner Unternehmung hinter dem Bahnhof noch
weiter in die Bedeutungslosigkeit treten dürften.
Das
Land Hessen stellt Geld zur Verfügung, damit die Betroffenen etwas für sich
selbst tun können. Die Stadt Limburg greift es sich – und missbraucht es für
Maßnahmen GEGEN die Interessen derer, denen es nützen soll.
Limburg,
das ist wieder einmal Politik pervers. Wo sonst kann es geschehen, dass ein
großartiges Programm, das für die Bürger, ihre Lebensqualität und ihre
Identifikation mit ihrem Quartier gedacht ist, ins genaue Gegenteil verkehrt
wird?
Wer
sich darüber informieren möchte, was WIRKLICH hinter dem Programm Aktive
Kernbereiche Hessen steht, kann dies hier tun: http://aktive.kernbereiche-hessen.de/profil-des-programms
Labels:
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Autofreier Neumarkt,
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Politik Limburg
Kongresszentrum Limburg: Eine Fata Morgana?
Großprojekte
funktionierten in Limburg in den letzten 20 Jahren immer nur auf eine Art und
Weise. Ein Investor (oder mehrere) plante(n) irgendetwas Profitmaximierendes,
mauschelten es mit dem Bürgermeister im Geheimen aus und sicherten sich alle
Möglichkeiten, so viele öffentliche Gelder wie greifbar in die private Unternehmung
zu kanalisieren.
Dann trat der
Bürgermeister vor – und verkündete das fremde Konstrukt als seine eigene,
großartige Leistung, verschwieg praktisch alle wesentlichen Details wie
insbesondere Belastung, öffentliche Finanzierung und geplanten Umfang der
Sache, und gab sich die größte Mühe, allen Sand in die Augen zu streuen. Fortan
führte er die Geschäfte der Investoren, verkaufte sie als öffentliches
Interesse und peitschte das Vorhaben mit allen Mitteln durch.
Bürger waren
außen vor und kritische Parlamentarier konnten nur vor Wut in den Tisch beißen,
weil die bürgermeisterparteiigene Fraktion sich zum Abnickverein degradieren
ließ.
Aller Nutzen lag
beim Investor, der Großteil der Risiken und Kosten auf den Schultern der
Steuerzahler. Und oft genug der direkte und längerfristige Schaden.
Das war bislang
Stadtentwicklung nach Limburger Art.
Von daher muss
der Beobachter höchst misstrauisch werden, wenn nun ein Nachfolgekandidat des
aktuellen Alleinherrschers ein Monster von einem Projekt aus seinem Marschgepäck
zieht.
Wie das
Kongresszentrum auf dem Gelände der alten Raststätte.
Eine kritische
Würdigung der Utopie scheint mehr als angebracht.
Es existiert ein
12-seitiges (nicht 13, wie ich mal schrieb, da hat wohl jemand das Deckblatt
mitgezählt…) Papier mit einer ausgearbeiteten Konzeption.
Um was geht es
eigentlich?
Die Voraussetzungen:
Fast ¾ aller
Übernachtungsgäste in Limburg sind Geschäftsreisende, es fehlt an Tagungsräumen
und einem Luxushotel für Top-Manager auf Besuch.
Limburg hat für
Tagungen, Schulungen und Kongresse eine 1a Lage, weil es per Auto, Zug und
Flugzeug von überall her gleich schnell erreichbar ist.
Beim
gescheiterten Brückenbebauungsprojekt wollte ein internationaler Hotelkonzern
mitmischen und es war dort ein Kongresszentrum geplant. Also haben schon
qualifizierte Unternehmer Limburg als Standort gecheckt und für (mehr als) gut
befunden.
Limburg hat im
Stadtmarketing bisher nichts aus seiner Super-Qualität, der Lage, gemacht,
sondern sich einseitig auf Tourismus ausgerichtet.
Es ist
allerhöchste Zeit, dass die Stadt ein Kongresszentrum bekommt. Alle würden
davon profitieren.
Problematisch
ist die Verkehrssituation innerhalb der Stadt. Die Straßen verkraften kaum noch
mehr Autoverkehr.
Die Idee:
Das Gelände der
alten Raststätte LM West liegt brach, direkt an der Autobahn, bietet ein
Superblick über Limburg und man kann von dort aus die Altstadt zu Fuß
erreichen.
Es wäre erste
Wahl als Standort für ein Kongresszentrum. Dort sollen drei Hotels entstehen.
Das größte soll auf Holliday-Inn Niveau liegen und von einer Kette betrieben
werden. Die beiden kleineren Häuser von Limburger Investoren. Eins deckt den
einfacheren Bedarf etwa auf Ibis-Level ab, das andere soll sich nach den
Sternen recken und eine Top-Adresse werden.
Die Hotels
werden im Osten errichtet, das Kongresszentrum selbst liegt auf der Stadtseite
in Richtung Rosenhang. Es soll ein Terrassenbau mit Freiflächen und viel Grün
werden.
Das
Kongresszentrum gehört den Hotels und der Stadt zu gleichen Teilen. Alle
Limburger Hotels haben Zugriff auf das Buchungssystem für Tagungen. Es gibt
einen Shuttle-Service zum ICE-Bahnhof und einen in die Stadt zu den anderen
Hotels. Dazu kommt ein Hol- und Bringservice für den Abend.
Alle Hotels
haben eigene Parkhäuser. Der ganze Komplex wird durch eine eigene
Autobahnauffahrt erschlossen. Über den Rosenhang gibt es nur eine
Wirtschaftszufahrt. Gäste können von dort nicht mit dem Auto kommen. Statt des
geplanten Lärmschutzwalls gegen die Autobahn würde auf dem Gelände eben der
Hotelkomplex als Puffer entstehen.
Das ganze
Projekt darf nicht klotzig-funktional (oder bischöflich?) daherkommen, sondern
muss sich unbedingt ästhetisch ins Stadtbild einfügen und muss ein
architektonisches Highlight sein.
Falls sich eine
Realisierung an der Raststätte nicht bewerkstelligen oder durchsetzen ließe,
gäbe es mit dem ICE-Gelände einen alternativen Standort mit ähnlicher
Infrastruktur, aber weniger Charme und ohne direkte Anbindung an die Stadt.
Ein
Kongresszentrum dieser Art würde neue Arbeitsplätze schaffen, die den
4-stelligen Bereich tangieren. Von der Autobahn aus zu sehen und mit eigener
Auffahrt direkt erreichbar, wäre es ein weiteres Wahrzeichen Limburgs und würde
die Stadt weiter bekannt machen. Die lokale Gastronomie und der Handel würden
unmittelbar von den Tausenden von Gästen profitieren, die alle mehr als einen
Tag in Limburg blieben.
Die Vision:
Die Vorstellung
ist, dass es vom ersten Planungsschritt an keine Geheimnisse gibt. Die Bürger
werden jederzeit genau informiert und mit einbezogen. Es soll eine
internationale Ausschreibung zur Gestaltung des Komplexes geben und der Sieger
wird in einem Bürgerentscheid gekürt.
Die lokalen
Hotelier- und Gastronomenvereinigungen sollen ebenfalls von vorn herein
beteiligt und integriert werden und ihre Interessen werden berücksichtigt.
Damit man nicht
von einem einzigen Konzern abhängig und dem auf Gedeih und Verderb ausgeliefert
ist, soll sich nur ein überregionaler Investor beteiligen. Für den
überwiegenden Teil des Komplexes, besonders das Zentrum selbst, sollen die
ortsansässigen, finanzstarken Unternehmer mit ins Boot geholt werden, die schon
Projekte entwickelt und zu Ende geführt haben und betreiben.
Ideal wäre es
auch, wenn zur Finanzierung notwendige Kredite von lokalen Banken und
Sparkassen bereitgestellt würden.
Eines der
Lieblingsworte in dem Papier ist die Win-Win-Situation. Diese soll an die
Stelle der alten Vorstellung treten, man müsse bei einem Projekt immer über den
„Partner“ siegen, indem man es schafft, ihn schlechter zu stellen, als sich
selbst.
Bei dem Projekt
Kongresszentrum soll es nur um Ersteres gehen. Es sollen alle profitieren und
alle sollen damit zufrieden sein, Unternehmer, Investoren, Bürger und Politik.
Darauf soll
jeder einzelne Schritt bei der Projektentwicklung ausgerichtet sein.
Der Coup:
Was immer man von den Plänen für ein Kongresszentrum
Limburg halten mag, eins ist sicher: Die Inszenierung war außerordentlich
clever.
In einen drögen Wahlkampf knallt Marius Hahn mit einem
Projekt, von dem kein Mensch vorher auch nur etwas ahnte. Es gab keine
Andeutungen in der Öffentlichkeit und wie man hört, war nur ein ganz kleiner
Kreis vorher eingeweiht.
Das kann man verstehen, denn etwas in Limburg völlig
geheim zu halten, ist… nicht ganz leicht.
Die konkreten Planungen und das Papier stammen sicher
nicht aus seiner Feder. Von der Sprachführung und vom Aufbau her passt es nicht
zu dem, was man bisher aus dem Wahlkampfbüro Hahn gehört und gelesen hat. Es
ist anzunehmen, dass der Kandidat sich auswärtige Hilfe geholt hat. Limburger
sicher nicht, denn da wäre bestimmt vorzeitig etwas durchgesickert.
Auch wenn es mir nicht gefällt, muss ich zugeben, dass
es ein kluger Schachzug war, ausgerechnet meinen Dom-Zoo dazu zu benutzen, das
Ganze an die Öffentlichkeit zu bringen. Für mich sieht es so aus, dass nicht
meine eigenen, investigativen Fähigkeiten und mein ach so tolles Netzwerk von
Informanten mir den Wissensvorsprung verschafft haben, sondern dass man mir das
alles gezielt zugespielt hat.
Nachvollziehbar ist es. Nicht zuletzt durch den
FB-Auftritt hat der Dom-Zoo eine unglaubliche Verbreitung gefunden und stellt
inzwischen schon sowas wie eine Gegen-Öffentlichkeit dar. Der Kandidat Hahn und
seine Helfer konnten sicher sein, dass ich darüber berichten würde.
Anmerkung am Rande: Berichten würde ich auch bei
allem, was mir an Plänen, Ideen und Visionen aus dem Hause Stanke zugespielt
würde. Nur von dort kommt bislang: Nichts.
Vielleicht bilde ich mir aber auch zu viel ein und die
Informationen wurden gleichzeitig auf genau dieselbe Weise auch NNP und dem
Weilburger Tageblatt zugeleitet. Und sind dort halt erwartungsgemäß im Reißwolf
gelandet.
Wie dem auch sei. So zu handeln und sich alle
Möglichkeiten zu sichern, ist halt professionelle, politische Medienarbeit.
Oder auch Propaganda genannt. In dieser Qualität hätte ich sie nur nicht auf
kommunalem Niveau vermutet, wo eigentlich amateurhaftes Dilettieren dominiert.
Nach meiner Beobachtung nutzt man in Limburg nämlich zum Operieren gemeinhin
die Kettensäge. Nicht das Laser-Skalpell.
Also, von mir ein zähneknirschendes: „raffiniert“,
Herr Dr. Hahn nebst unbekannten Helfern und Beratern. Ich ziehe den Hut und das
kann ich. Ich trage einen.
Man sollte sich, wenn man mich so auf’s Glatteis
führen will, aber dessen bewusst sein, dass ich dann ein klein wenig kritischer
werde.
Verblüffend ist für mich nicht der Inhalt, sondern die
Herkunft. Bisher war es nicht üblich, dass sich in Limburg Politiker selbst
Gedanken über Projekte machen.
Oder gar Visionen haben, die sie für ihre Stadt
verwirklichen wollen.
Der gemeine Limburger Politiker rennt für gewöhnlich
hechelnd hinter dem Zug her, der gerade den Bahnhof verlässt, springt auf die
Plattform des letzten Waggons, klammert sich an das Geländer und ruft: „Ich
schiebe das ganze Ding!“
Hahn dagegen ist ganz vorne eingestiegen. Als
Lokführer.
Hahn und wie
er die Welt sieht:
Das für mich Überraschendste an dem Konzeptpapier
Kongresszentrum Limburg ist, wie viel es über Marius Hahn verrät.
Der Mann glaubt wirklich an das Gute. Es sieht so aus,
als ob in seiner Vorstellung tatsächlich ein zu tiefst christliches
Menschenbild verwurzelt ist. Er ist der festen Überzeugung, dass es möglich
ist, MIT einander zu leben und zu arbeiten und dabei FÜR einander zu sorgen.
Und das zum Vorteil und Wohl ALLER. Er liebt Limburg und betrachtet die Stadt
als einen Ort mit großem Potential für den er große Pläne hat.
Man findet in der Präsentation eine bemerkenswerte Passage.
Wörtlich heißt es da: Es ist ein leider
weit verbreiteter Irrtum anzunehmen, ein Politiker, der sich dem Bürgerwohl
verpflichtet fühlt, sei deshalb automatisch der Feind eines jeden Unternehmers.
Er betrachtet es nur als seine Aufgabe, die Interessen aller zu
berücksichtigen. Dies ist einfacher, als viele denken.
Diese drei Sätze haben mich ziemlich nachdenklich
gemacht, denn sie drücken etwas aus, das ich so noch nie gesehen (und schon gar
nicht gelesen) habe.
Seit ich mich mit ihr befasse, hat sich für mich
Politik in Limburg immer als ein einziger, unseriöser Filz dargestellt. Ich sah
und sehe eine Stadt im Würgegriff einer kleinen Clique, die sich ihre
Verwaltung und Regierung hält, die alle Wege freiräumt, damit sich ein paar
wenige die Taschen so richtig vollmachen können. Dagegen in den Kampf zu
ziehen, war/ist für mich die vordringliche Aufgabe aller, damit sie ihre eigene
Stadt nicht völlig verlieren. Bürger zu den Waffen! Erobert Euch Eure Stadt
zurück.
Doch mit so etwas hält sich Hahn erst gar nicht auf.
Bei ihm fällt der Krieg einfach aus und er geht
kurzerhand direkt zum Frieden über.
Er befasst sich nicht mit der Frage, was läuft hier
alles wie falsch und wie schrecklich ist es und wie schlimm agiert wer und was
können wir gegen wen wie tun.
Nein, er setzt etwas positiv dagegen.
Mit dem Projekt Kongresszentrum Limburg zeigt er
exemplarisch in allen Einzelheiten auf, wie er sich eine Politik für alle und
mit allen vorstellt. Politiker sollten dabei nicht die Marionetten Einzelner
sein, sondern die Fäden selbst in der Hand behalten. Als Bürgermeister setzt er
sich das hohe Ziel, nicht gegen jemanden zu arbeiten, nicht für jemanden zu
arbeiten, sondern MIT allen gemeinsam.
Die Chancen:
Die Konzeption Kongresszentrum Limburg an sich
überzeugt. Das habe ich in der inhaltlichen Würdigung schon ausgeführt. Man
kann davon ausgehen, dass ein solches Projekt für Limburg gut, durchführbar und
erfolgreich wäre.
Die Art und Weise, in der es realisiert werden soll,
ist jedoch völlig neu. Sie zeigt, wie Politik in Zukunft aussehen könnte. Nach
der Ablehnung des Brückenbebauungsprojekts hat Hahn nicht alles verdammt und
dem Müllhaufen der Geschichte überlassen. Er hat vielmehr aus dem, was
präsentiert wurde, die Ansätze herausgezogen, die er für richtig hielt. Er hat
sie mit eigenem Wissen und Überlegungen kombiniert und unter Berücksichtigung
aller Möglichkeiten etwas Neues und Eigenes geschaffen. Bemerkenswert ist
dabei, dass es ihm völlig gleichgültig war, woher die einzelnen Elemente des
Projekts stammten. Es ist für einen Politiker hier geradezu eine unlimburgische
Handlung, eine Idee oder einen Vorschlag nach dem Inhalt und Potential zu
beurteilen – und nicht nach der Herkunft. Die Frage ist: „Was wurde gesagt?“
und nicht „Wer hat es gesagt?“.
Falls das Kongresszentrum Limburg tatsächlich
realisierbar ist, zieht sich dieser Gedanke wie ein roter Faden durch die
Konzeption und den Ablauf. Bei diesem Projekt geht es darum, alle zu beteiligen
und jeden guten Einfall zu nutzen, ganz egal, wo er herkommt. Auf diese Weise
eine breite Akzeptanz und Unterstützung für eine Vision zu finden, ist das
Ziel. Statt DAS Kongresszentrum übergestülpt zu bekommen, sollen Unternehmer,
Bürger und Politker Limburgs IHR Kongresszentrum gemeinsam entwickeln.
Ein ehrenwertes und hohes Ziel.
In Limburg hat sich in den letzten 20 Jahren eine
alles giftig lähmende Unkultur des Gegeneinander ausgebreitet. Ob ein solches
Mammutprojekt in der geplanten Durchführung in dieser Atmosphäre eine Chance
hätte? Würden die verkrusteten Strukturen Limburgs so etwas überhaupt zulassen?
Zweifel sind angebracht. Es wäre ein unglaublich
spannend zu beobachtendes Unterfangen. Die Frage ist nur: Wird Hahn jemals die
Gelegenheit bekommen, es anzugehen?
Die Gefahr:
Der Versuch, mit seiner Vision eines Kongresszentrums
UND einer neuen Politik über eine Kultur des MITEINANDER an die Öffentlichkeit
zu gehen, ist von Hahn mutig bis verwegen.
Denn die Geschichte Limburgs ist gepflastert mit den
Leichen der falschen Männer, deren Ideen geraubt wurden. Das letzte Opfer
dieser intellektuellen Wegelagerei war der bedauernswerte Initiator des
„Mechanikums“, dessen Vorstellung ihm gestohlen wurde. Damit nicht genug, die
Konzeption wurde im Anschluss auch noch mehrfach vergewaltigt, um den
Bürgermeisterfetisch WERKStadt mit weiteren, öffentlichen Millionen zu
alimentieren.
Was könnte mit dem Kongresszentrum Limburg geschehen?
Es ist durchaus denkbar, dass sich die bekannten
Hinterzimmer-Mauschler das Papier greifen, in ihre Planungsabteilungen
einfüttern, diese ganz schnell ein komplettes Projekt der gleichen Art aus dem
Boden stampfen lassen – und es dann als etwas präsentieren, das sie schon
jahrelang haben entwickeln lassen und das sie nun stolz der Öffentlichkeit
vorstellen.
Die publizistische Ein-Mann-Hilfstruppe vom Neumarkt
steht dem Vernehmen nach für eine solche Aktion schon Tastatur bei Fuß.
Ich bin davon überzeugt, dass Limburg in den nächsten
Jahren ein Kongresszentrum erhalten wird. Dazu sind die Grundlagen zu gut und
die Idee ist zu aussichtsreich und lukrativ, als dass man sie am Wegesrand
liegen lassen würde. Man wird nur alles dafür tun, dass dieses Konzept bloß
nicht mit den Namen Hahn in Verbindung gebracht wird.
Es ist nicht zu erwarten, dass die lokale Presse in
mehr als einem Nebensatz das Projekt Kongresszentrum erwähnt. Man hat mir
zugetragen (ja, ich weiß, mit solchen Infos muss ich vorsichtig sein), dass ein
Exemplar der Präsentation direkt beim Chefredakteur des gedruckten
Wahlkampforgans vom Neumarkt eingegangen ist. Die Weisung soll sein: „Dazu
machen wir nix!“
Die große Frage ist also, ob Hahn und seine
Unterstützer es nun selbst schaffen, die faszinierende Vision Kongresszentrum
Limburg unter den Wählern so bekannt zu machen, dass die Bürger von der
Riesenchance erfahren, die sie alle mit einem solchen Projekt und besonders mit
der angestrebten gemeinsamen Verwirklichung haben.
Nur wenn das bekannt würde und von den Bürgern und
Betroffenen diskutiert würde, gäbe es die Möglichkeit, dass sich Hahns Visionen
auf das Wahlergebnis auswirken.
Verliert Hahn aber am 14. Juni, hat er seinen
erklärten Feinden mit dem Kongresszentrum Limburg das Geschenk des Jahrhunderts
gemacht.
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