Samstag, 16. Mai 2015

Besuch von der Abrissbirne...


…bekommt die berüchtigte Zeil-Galerie in Frankfurt. Ihr Leben stand unter keinem guten Stern. Der damalige Erbauer erwies sich als Großbetrüger, der über schräge Zugänge wundersame und fiktive Flächenvermehrungen in Plänen erzeugte. Kein Besitzer oder Mieter wurde in dem einstigen Vorzeigebau glücklich. Es wurde umgebaut, umgeplant, umgewidmet, geschlossen und neu eröffnet – aber die Zeil-Galerie blieb ein Sorgenkind und Groschengrab.
Architektonisches Gruselkabinett

Nun wird ein gewaltiger und staubiger Schlussstrich gezogen: Der Bau, der noch keine 25 Jahre alt ist, wird abgerissen.
Was hat das Ganze nun mit Limburg zu tun?
Eine Menge, eventuell. Die Vorgänge in Frankfurt zeigen, dass es durchaus möglich sein kann, einen fundamentalen Fehler baulicher Natur relativ zeitnahe nachhaltig zu korrigieren. Wenn man den Mut hat, es anzupacken.
Bevor ich wieder zu lange warte (wie mit der Brückenbebauung…) und ein Investor oder gar Politiker dann mit meiner Idee um die Ecke kommt, presche ich diesmal frühzeitig vor. Sicher werden mich sehr viele für wahnsinnig erklären, laut lachen, mit dem Finger auf mich zeigen – und sich dann in die Hinterzimmer und Büros zurückziehen, alle Türen verschließen, die Abhörabwehranlagen aktivieren und dann das Ganze mal besprechen und durchrechnen.
Gut so.
Welche Visionen streichen denn nun durch meinen Kopf?
Ganz einfach.
Limburg nimmt unter den Städten, die in den 70er Jahren mit Mitteln aus der Sanierungsgebietsförderung die mit Abstand grässlichsten Bausünden begangen haben, einen absoluten Spitzenplatz ein. Das „Neue Rathaus“ ist dabei die übelste Errungenschaft, die immer wieder Ziel von Exkursionen von Architekturstudenten ist, denen vor Ort gezeigt werden soll, wie man es auf keinen Fall machen darf. Von einer sensationellen Geschmacksfreiheit und mehr der Bunkerbau-Mentalität des kalten Krieges verhaftet als der Ästhetik verschrieben, ist das abstoßende Sammelsurium aus Treppen, Ebenen, Terrassen und verwinkelten Gängen stahlarmierte Dysfunktionalität.
Aber nicht nur das. Was einst als Bau für die Ewigkeit gedacht war, ist durch und durch marode. Die Sanierung von Teilen der Kohlmaier-Halle soll 4,5 Millionen € kosten. Ein Umbau nur des Erdgeschosses des Rathausturms ist mit über 600.000,-- veranschlagt. Also sind schon jetzt mehr als 5 Millionen erforderlich, um das Bauwerk wenigstens zu 1/4 nutzbar zu halten. Wenn man die galoppierende Selbstvermehrung einmal kalkulierter Kosten in Betracht zieht, die in Limburg der Beobachtung nach offenbar unvermeidbar ist, kann man getrost davon ausgehen, dass die Sanierungskosten den zweistelligen Millionenbetrag erreichen werden.
Vergewaltigtes Denkmal
Und das wird erst der Anfang sein. Der Rest des Bruchbaus wird ja mit der Zeit nicht besser und das gesamte 70er-Jahre Ungetüm wird weiter den Qualitäts- und Planungsmängeln seiner Zeit Tribut zollen müssen.
Das neue Rathaus nebst Stadthalle wird also, nicht anders als die Zeil-Galerie, ein Fass ohne Boden bleiben.
Deshalb meine Idee: Hau weg den Scheiß.
Das gesamte Gruselkabinett gehört ABGERISSEN! An seiner Stelle könnte man ein modernes und dem Stadtbild angemessenes Ensemble errichten, das an das alte Rathaus anschließt, ohne es zu vergewaltigen. In diesem neuen Bürger- und Verwaltungszentrum könnte alles untergebracht werden, was eine lebendige Kommune heute braucht. Stadtverwaltung, Bürgerbüro, Sitzungs- und Veranstaltungsräume, die den Namen verdienen, Lokale, Freizeiteinrichtungen und Räumlichkeiten für Vereine. Der blinde, tote Fleck mitten in der Stadt könnte so zu einem Zentrum des öffentlichen Lebens mutieren.
Ausweichquartier mit jeder Menge Platz
Dem obligatorischen Aufschrei: Was das alles kostet! kann ich entgegnen: Nirgends steht geschrieben, dass eine Stadt ein Rathaus als EIGENTÜMER haben muss. Nichts spricht dagegen, dieses große, neue City-Zentrum in privater Trägerschaft zu errichten. Die Stadt Limburg wäre dann mit ihren Büros und Einrichtungen Mieter und der Investor hätte für einen Großteil seiner Immobilie auf lange Zeit zukunftssicher seine Rendite festgeschrieben. In vielen Orten gibt es Sale-and-lease-back Operationen der öffentlichen Hand. Wie wäre es denn einmal mit einem Build&Lease-Modell, bei dem die Immobilie von vorn herein für den kommunalen Langzeitmieter geplant und errichtet wird?
Finanzkräftige Investoren, die ein solches Projekt stemmen könnten, gibt es vor Ort einige.
Sicher findet man in diesen Überlegungen eine ganze Reihe von Faktoren, die zwingend zu berücksichtigen sind. Für eine längere Übergangszeit müssten Ausweichquartiere gefunden werden. Aber das sind lösbare Fragen. Es gibt zum Beispiel ein Objekt in städtischer Hand, das Tausende von Quadratmetern hat und gerade aufwändig saniert wurde. Es wäre kein Problem, einen großen Teil der Verwaltung vorübergehend im Limburger Schloss unterzubringen.
Nun habe ich es also getan.
Der Vorschlag ist in der Welt.
Mal sehen, ob irgendjemand dazu etwas zu sagen hat…

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