Donnerstag, 24. April 2014

Plant Limburg Hessenpark 2.0?



Wenn in Limburg Menschen mit Blöcken und wichtigen Gesichtern herumlaufen und sich an allen möglichen Ecken Notizen machen, verheißt das in der Regel nichts Gutes. Dann schickt nämlich die Verwaltung ihre Agenten auf die Straße um „Daten zu erheben“, auf deren Basis dann irgendetwas verordnet, verkündet, vergebührt werden wird. Ob es irgendwas mit dem zu tun hat, was die Notizenschreiber eruiert haben, ist sowieso nicht nachprüfbar.
Was es aber mit schönster Regelmäßigkeit ist: Zum Nachteil der Bürger.
Als vor einiger Zeit „Begehungen“ in der Limburger Altstadt stattfanden, ahnten die ansässigen Geschäftsleute bereits, dass da in nicht allzu ferner Zukunft irgendwas auf sie zukommen würde.
Nun ist es da, pünktlich zu Saisonbeginn der Gastronomie. Das heißt, nicht pünktlich, denn wir sind ja in Limburg und dort sind der Verwaltung oft genug Entscheidungen und Bescheide nur unter Androhung unmittelbaren Zwangs zu entlocken.
Drehleiteranfahrtsweg frei
Die Sonne kam, die Gastronomen, die allesamt ihre Freiflächen zum großen Teil überpünktlich beantragt hatten, platzierten ihre Tische und Stühle dort, wo sie das immer getan hatten.
Dürfen sie aber gar nicht, mussten fast alle einige Wochen später erfahren, als viel zu spät die schriftlichen Bescheide eintrudelten. Denn dem überwiegenden Teil der Gastronomen der Limburger Altstadt wurden ihre Stellflächen unter freiem Himmel ohne jede Begründung oder Erklärung zum Teil auf 1/3 (in Worten: EIN DRITTEL) der vormaligen Stellfläche reduziert.
Seitdem fragt sich ein Großteil der Limburger Altstadtgastronomie, was sie denn den hohen und niederen Herren im Rathaus getan hat. Die Gastwirte zahlen eine nicht unerhebliche Pacht für die Flächen, zahlen ihre Steuern (die meisten jedenfalls, dem Vernehmen nach) und verköstigen die Touristen, von denen nach dem Willen der Herrscher an der Lahn gar nicht genug nach Limburg kommen können. Sie boten den Kurzzeitbesuchern auch Platz zum Verweilen. Doch von dem gibt es jetzt nur noch die Hälfte, wenn überhaupt. Die Limburger Altstadt wird gastronomisch zur Stehtheke.
Einen großen Teil ihrer Umsätze erzielen die Wirte mit dem Außenbereich in der schönen Jahreszeit. Dass einige durch diese Beschneidung in existenzielle Probleme kommen werden, ist abzusehen. Und es interessiert bei der Stadtverwaltung Limburg niemanden auch nur ansatzweise.
Nachfragen nach Gründen brachte für viele nur ein kafkaeskes Spießrutenlaufen. Zuständig ist keiner oder der Kollege oder der Kollege Niemand, der gerade Urlaub/Krank/Besprechung/Dienstreise hat. Und sich meldet, wenn man seinen Namen hinterlässt.
Jaja.
Einem hartnäckigen Frager ist es dann doch gelungen, eine Art von Auskunft zu erhalten. Brandschutz heißt das Zauberwort.
Es müsse jederzeit gewährleistet sein, dass eine drei Meter breite Durchfahrt für Rettungsfahrzeuge bleibt. Und außerdem solle man froh sein, überhaupt etwas zu bekommen. Man könne nämlich auch einfach jede Genehmigung versagen.
Selbstredend ist Brandschutz in einer eng bebauten, historischen Altstadt ein Thema. Nur als Begründung für die Flächenreduzierung hinkt er auf allen verfügbaren Beinen. Gastronomische Bestuhlung ist mobil. Und im Brandfall zur Seite geräumt, noch bevor die Feuerwehr überhaupt in der Nähe ist. Dazu kommt, dass die Bestuhlung nie unbeaufsichtigt herumsteht. Das heißt, wer immer sich dort aufhält, wird in jedem Fall rechtzeitig einen Brand bemerken, der einen Feuerwehreinsatz erfordert.
Zukunft der Altstadt
Der Wagemutige, der sich nicht zähneknirschend und hasenfüßig in bester (schlechtester) Limburger Manier mit den Willkürakten abfinden wollte, stellte dann eine Frage, die das verwaltungstechnische Gegenüber ins Stottern brachte. Was denn mit Großveranstaltungen in der Altstadt sei? Wie es denn da mit dem Brandschutz aussähe, wollte der Betreffende und Betroffene wissen. Wenn Tausenden von Menschen, Biergondeln, Zelte, Buden und Bühnen das Durchkommen in allen Gassen schon für Fußgänger unmöglich machten? Wie sieht es denn mit dem Flohmarkt aus, wenn Tausende von Tonnen Altware auf Tapeziertischen und heftigeren Bauwerken lagern. Socken-, Mantel-, Weißdergeiermärkte. Lichterfeste mit offenem Feuer, Nackte in Schaufenstern, Nachteinkauf mit auf die Straße geräumter Ware?
Im Rahmen des Grundsatzes „gleiches Recht für alle“ wären unter Brandschutzgesichtspunkten derlei Veranstaltungen nicht mehr genehmigungsfähig.
Jaja, das wäre dann das Nächste, durfte der Frager hören. Und mehr noch. Der Mensch aus dem Bauch des Wals (Rathaus), verstieg sich zu einer Indiskretion. Es sei auch geplant, auf den Einzelhandel nicht zu- sondern loszugehen. Stehende und hängende Schilder sollten verschwinden, genauso wie gestaltete Schaufenster die nicht „zur Farbe passten“.
Mittelfristig sei es das Ziel, so musste der erstaunte Frager vernehmen, den Einzelhandel und das Gewerbe völlig aus der Altstadt zu vertreiben!
Es hat also irgendwo in irgendeinem Hinterzimmer wieder einmal irgendwer einfach so beschlossen, wie er persönlich sich die Stadt für das Wohl seiner ganz besonderen Freunde vorstellt. Mit Betroffenen hat selbstredend noch nie einer ein Wort gewechselt. Wohin die Reise gehen soll, kann man sich schon denken. Da gibt es hinter dem Bahnhof nämlich einen Konsumpalast, in den man so ungefähr alle Geschäfte notfalls mit nackter Gewalt treiben will und bei dessen exzessiver Flächenvergrößerung erheblicher Leerstand zu befürchten ist. Ist dort vielleicht auch schon heimlich ein Gastroparadies geplant, dem die Altstadtcafés und –lokale im Wege wären?
Links im Bild: Böse Dinge
Die Limburger Altstadt besteht aus Wohn- und Geschäftshäusern und Gastronomie. Seit Jahrhunderten. Die Häuser sind genau zu diesem Zweck gebaut. Zum Teil sind sie seit vielen Generationen in Familienbesitz und Handwerk und Gewerbe werden dort genauso lange bereits betrieben.
Der Mensch in leitender Position im Rathaus, der sich verplappert hat, ging noch weiter. Er gab zu, dass der Brandschutz der einzige rechtliche Hebel sei, den man gefunden habe, um das eigentliche Ziel zu erreichen. Beseitigung des Handels und der Gastronomie aus der Altstadt.
Was stattdessen dort stattfinden soll, die Auskunft blieb er schuldig. Da bleibt eigentlich nur eine Lösung. Die Limburger Altstadt wird Freilichtmuseum. Vielleicht sollen die Gewerbeteile der Häuser auf mittelalterliches Niveau zurückgebaut werden. Selbstredend zu Lasten der Eigentümer. Die Besitzer werden dann mit einer Verordnung gezwungen, dort kostümiert den rudelnden Touristen 17. Jahrhundert vorzuspielen. Ein Zaun oder auch der Wiederaufbau der Stadtmauer wäre der nächste Schritt und: Eintritt. Anwohner dürfen sich mit Leinenbändchen an der Hand kennzeichnen. Abzuholen in einem in Dauerräumungsverkauf wegen Umzugs befindlichen Teppichgeschäft. Der Einlass könnte als „freiwilliger Unkostenbeitrag“ von der lokalen Krämervereinigung kassiert und für eigene Zwecke vereinnahmt werden (besagte Vereinigung hat sich übrigens zu dem Thema zu keinerlei Äußerung herabgelassen; läuft sie doch Gefahr bei Gleichbehandlung ihren großen Selbstbedienungsladen Altstadtfest zu verlieren…).
Ist das die Zukunft, die man sich für die Limburger Altstadt vorstellen muss?
Hessenpark 2.0?
Der historischen Altstadt droht wieder einmal akute Gefahr aus dem Rathaus und den Mauschelzimmern. Und wie immer wird über Bürger, Geschäftsleute und Hausbesitzer nur gesprochen.
Nicht mit ihnen.
Niemand weiß wirklich, was hier wieder von wem geplant wird.
Und wie üblich werden die Betroffenen nicht gefragt.


1 Kommentar:

  1. Es ist traurig was aus unserer Staatsform geworden ist. Grundidee und Aufgabe von Ämtern, staatlichen Institutionen und Behörden war eigentlich, dem Bürger zu dienen. "Verwaltung des Rechts", ist normalerweise die Aufgabe und Funktion! Leider sind wir wieder in eine Zeit gekommen, wo Machtmissbrauch an der Tagesordnung liegt, gedeckelt von der Exekutiven, und zum großen Teil ohne Mandat. Die OECD hat ja nicht aus Spaß Deutschland als das Korrupteste Land auf diesem Planeten bezeichnet.

    - das sollte uns zu denken geben.

    AntwortenLöschen