Samstag, 9. November 2013

Straßenschäden durch kerikalen Palastbau: Stadt Limburg macht den Bischof



Mehrere Jahre lang erklärte die Stadt Limburg einige enge Straßen der Altstadt zu einer Art Autobahn für den Schwerlastverkehr und bis zu drei Dutzend 40-Tonner (und oft genug mehr und schwerere Fahrzeuge) quälten sich täglich bergauf und bergab. Mit Folgen, nicht nur für die Einrichtung und Nerven der unmittelbaren Anwohner. Ein Blick auf das geschmacksbefreite Waschbetonwürfelpflaster genügt auch nicht Eingeweihten um zu erkennen, dass hier ein ganzer Berg bewegt wurde.
Die Schäden sind nicht zu übersehen.
Eigentlich.
Denn Bemerkenswertes weiß nun das Gutachten zu berichten, das unlängst vorgestellt wurde und Antworten auf die Frage zum Inhalt haben sollte, wie stark die Straßen der Limburger Altstadt durch die Tiefbohrunternehmungen gegenüber dem Dom demoliert wurden.
Der unbefangene Beobachter respektive Zuhörer hatte dabei ein massives déjà vu Erlebnis.
Alles ist nicht so schlimm, bekam man zu hören, alles was bislang berichtet wurde ist falsch und völlig übertrieben und die Kosten sind sehr, sehr viel niedriger.
So wie man es wieder und wieder und wieder bei der Bischofsresidenz an sich gehört hat, nur waren es keine kirchlichen Verlautbarungen aus obskuren Geheimgremien oder durch hauptamtliche Abwiegler und Verschweiger. Es war vielmehr eine städtische Veranstaltung, in der „objektive“ Fakten dargebracht werden sollten.
Erstaunliches kam dabei zu Tage. Eigentlich sind nämlich überhaupt keine Schäden an Straßen entstanden, durfte man erfahren. Und die, die nicht entstanden sind, sind erstens viel geringer und zweitens sind die Stadt und ihre Bewohner zu einem Großteil selbst an allem schuld, haben sie doch in den Jahren vorher höchstpersönlich dafür gesorgt, dass insbesondere die Straße „Nonnenmauer“ Furchen sowie Pflasterabrieb aufweist, wie man sie vielleicht noch von Bundesfernstraßen kennt, kurz bevor die rechte Spur mal wieder für Sanierungsarbeiten gesperrt wird.
"Gutachter": "Keine Absenkungen"
Aber all das war vorher schon da, gutachten nun die Gutachter. Ob diese Furchen wohl durch exzessiven Fahrradverkehr hinauf und herab verursacht wurden, zum und vom Dom beim täglichen Kirchgang? Oder durch Schwerlastrollatoren bei den geführten Stadtbesichtigungen? Sicher. Denn wer am Straßenbau der Altstadt irgendeine Veränderungen erkennt, unterliegt wohl einer Halluzination. Pflasterabsenkungen konnten die „Spezialisten“ nämlich absolut keine feststellen, genauso wenig wie Schäden an Kanalisation und anderen Leitungen.
Gerade einmal 160.000 Euro seien erforderlich, die Straßen wieder in einen perfekten Zustand zu versetzen, ließen die „Unabhängigen“ verlautbaren. Und von dieser Summe hätte die Stadt die Hälfte wegen der „Vorschäden“ zu tragen.
Auf welche Art und Weise diese Berechnungen durchgeführt wurden, zeigt eine der wenigen konkreten Angaben, die dem „Gutachten“ zu entnehmen waren. Für den Wiederaufbau der eingerissenen Bruchsteinmauer am als Handwerkerparkplatz missbrauchten Parkgelände wurden 8.000,-- € angesetzt. In Worten: Achttausend.
Sieht man einmal davon ab, dass der Totalschaden an der zugehörigen Grünanlage vollkommen unberücksichtigt blieb, verdient diese genannte Summe eine genauere Betrachtung.
Zerstört wurde die Wand auf eine Länge von 23 Metern. Diese hatte einmal eine Höhe von 2 Metern. Zu ersetzen wären also 46 m² Mauerfläche. Es handelte sich um eine massive Bruchsteinwand. Da ich kürzlich das Vergnügen hatte, eine Mauer nach Maßgaben des Denkmalschutzes zu errichten, weiß ich zufällig, was ein Fachmann heute als Preis aufruft. In diesem Fall wäre eine beidseitig mit Bruchstein verkleidete Betonmauer die naheliegende Lösung, da eine ECHTE Bruchsteiwand ein Vielfaches kosten würde. Für den m² verlangt ein Betrieb für ein solches Gewerk 680,-- € netto. Das ergibt bei 46 m² für das Mauerwerk alleine 31.280,-- €. Dazu kommt die Abdeckung, in der billigsten Betonausführung für 80,-- € pro Meter, ergibt 1.840,-- €. Die erforderliche Armierung mit Matten und Rundstahl kostet noch einmal rund 2.000,-- €. Zusammen sind dies netto 35.120,-- €. Einschließlich Mehrwertsteuer also rund 42.000,-- €. Dabei ist aber noch nicht einmal berücksichtigt, dass mit ziemlicher Sicherheit kein tragfähiges Fundament für diese Mauer mehr vorhanden ist, so dass auch dieses neu hergestellt werden müsste. Damit könnte der Preis für die Beseitigung des bischöflichen Abbruchexzesses alleine an dieser Stelle schnell 50.000,-- € betragen.
Das „Gutachten“ jedoch setzt kurzerhand weniger als 1/5 dieser Summe an!
Dies fiel offenbar auch wenigstens einem in Baudingen nicht völlig unbeleckten Ausschussmitglied auf, das bemerkte, die Kosten dürften da wohl etwas höher liegen.
Nix passiert, eigentlich: Kleine Mauerlücke
Doch was wieder einmal ausblieb, war jegliches kritische Hinterfragen des präsentierten Papierwerks. Wenn ein „Gutachter“ es fertigbringt, bereits bei einem ganz einfachen, von jedem Laien festzustellenden Gewerk den entstandenen Totalschaden auf ein Fünftel der realen Kosten herunterzu…, sagen wir einmal „rechnen“, wie bitte ist es dann um alle anderen Feststellungen dieses „Fachmanns“ bestellt? Wie sieht es mit den Schäden aus, für deren Ermittlung tatsächlich explizite Sachkenntnis erforderlich ist?
Schafft es ein Gutachter, in einer Expertise in einer mehr als simplen Angelegenheit derart daneben zu liegen, dann ist das GESAMTE Gutachten damit unseriös und vollkommen wertlos und kann auf keinen Fall als verlässlich und als Grundlage für Schadensersatzforderungen herangezogen werden.
Es stellt hier zwingend die Frage, wem diese „Expertise“ dienen soll. Die Antwort liegt dabei, wie so oft, offensichtlich und in Limburg doch maximal mit einem Achselzucken bedacht, auf der Hand. Das besagte Gutachten hatte einzig und alleine den Sinn zu konstatieren, dass praktisch keine, vom Bistum zu ersetzenden Schäden an öffentlichem Eigentum durch den exzessiven Baustellenverkehr zum bischöflichen Prunk- und Protzbau von Weltgeltung entstanden sind.
Diesem Ziel wurden alle Realtitäten untergeordnet – und die kirchenhörigen nominellen Volksvertreter nicken wieder einmal andächtig alles ab.
Zahlen muss am Ende JEDER Bürger der Stadt.
Es steht nämlich Folgendes zu erwarten.
Die Stadt Limburg vereinnahmt die angesetzen 80.000,-- € und tut: NICHTS.
In zwei bis drei Jahren, wenn genug Menschen sich auf der Berg- und Talbahn Nonnenmauer die Knöchel verstaucht haben und geknickte Gas-, Wasser- und Kanalleitungen ihre Inhalte preisgegeben haben, wird die Stadt Limburg feststellen, dass die betreffenden Straßen marode sind. So marode, dass sie saniert werden müssen. Unbedingt. Und schnell.
Die zuständigen Ausschüsse werden andächtig nicken – und das übliche Architekturbüro in Bad Camberg beauftragen, eine Expertise über die erforderlichen Arbeiten abzugeben. Dann wird der Auftrag ausgeschrieben, das übliche Tiefbauunternehmen erhält den Zuschlag – und die Stadtverordnetenversammlung beschließt eine Magistratsvorlage, dass die ANLIEGER der betroffenen Straßen deren Sanierung zu 100% zu tragen haben. Der Umlageschlüssel wird dann wieder einmal gewinnmaximierend in einem Hinterzimmer ausgewürfelt, so dass am Ende das Doppelte der Summe, die für die Baumaßnahmen erforderlich sind, herauskommt.
Ohne dass jemand fragt.
Die Limburger Altstadtbewohner, bekanntlich ja alles Millionäre, werden wieder mit den Zähnen knirschen, auf den Straßen herumstehen, maulen und schimpfen, und dann die Sparbücher plündern und zahlen.
Denn „man kann ja gegen die nix machen“.
Kann man wirklich nicht?
Ich denke: Man kann doch. Und man MUSS.

Demnächst mehr zu diesem Thema an dieser Stelle.

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