Dienstag, 29. Oktober 2013

Die Lösung: Domchor ins Bischöfliche Palais



Für die Bewohner der Altstadt ist die Situation gerade wieder einmal voll behämmert, im wahrsten Sinne des Wortes. Von früh bis spät klingen das Gekläpper der Schieferklopfer, das Rasseln der Splitter auf dem bereits gedeckten Dach,  die herrlich weittragende Resonanz der Gerüste, wenn der Handwerker mal wieder ein Werkzeug gegen ein Rohr schlägt und nicht zuletzt die geschmackssichere Darbietung Deutschen Liedguts vom Sender für die sportliche Familie ab 80 (HR4) über die mittelalterlichen Profanbauten. Und weil das alles nicht reicht, wird natürlich gleichzeitig die alte Diözesanbibliothek gedeckt, mit zugehörigem, periodischen Verkehrschaos.
Stereo-Gehämmer: Linker Kanal
Stereo nennt man den Effekt sei den 60er Jahren.
Die Stadt als Eigentümer des Schlosses hat sich unlängst zu einer kleinen Presserklärung herabgelassen und ein paar Worte zum Wesen der Arbeiten abgesondert und berichtet, was dort getan wird und im folgenden Jahr getan werden soll.
Für WEN all der Aufwand betrieben wird, wurde wohlweislich jedoch verschwiegen. Die neue Baustelle hinter dem Dom ist nämlich ein kommunaler Scheinriese. Soll heißen, je näher man dem Schloss kommt, desto kleiner wird der Anteil, der am Ende der komplexen Baumaßnahmen für Belange der Stadt Limburg zur Verfügung steht oder gar für deren Bürger. Geschätzte 80% der Gelder, die die Kommune investieren will, dienen nämlich nur einem einzigen Zweck. Es werden luxuriöse und geradezu über alle Bedürfnisse hinaus konzipierte Räume für „die Chöre“ des Bistums Limburg errichtet, ausgebaut und ausgestattet, ohne dass der Nutznießer auch nur einen Cent zu den Kosten der Bauarbeiten beiträgt.
Allenfalls eine „Kostenmiete“ soll einmal erhoben werden. Doch in welcher Höhe die in unbestimmter Zukunft entrichtet werden soll, ab welchem Zeitpunkt und auf welche Art und Weise ebendiese ermittelt und in welchem Vertragswerk sie festgeschrieben ist oder werden soll, darüber schweigt sich die Stadt Limburg in bekannter Weise aus.
Im Licht der aktuellen Ereignisse ist der gesamte Vorgang geradezu grotesk, leider jedoch symptomatisch für das Verhältnis zwischen Kirche und öffentlicher Hand.
Kosten werden sozialisiert, Gewinne bleiben im Vermögen des Klerus.
Nur einen Steinwurf vom Schloss entfernt liegt eine nagelneue Immobilie, die Tausende von Quadratmetern Platz bietet, Sozial- und Sanitärräume in Vollendung und Geschlechtertrennung birgt, dazu nicht nur Einzelzellen für jedwede musikalische Aktivität bietet, sondern darüber hinaus einen Chorraum in akustischer Perfektion und ggf. mit deckenhängenden Notenhaltern („Privatkapelle“) beinhaltet, in dem es sich in voller Mannschaftsstärke trefflich singen lässt.
Darüber hinaus ist dieser klerikale Bau in Fußweite des Doms, so dass es nach dem Stimmenwärmen nur ein kurzer Weg bis zur Vorstellung wäre.
Gibt es überhaupt bessere Voraussetzungen für ein Zentrum für christliche Chormusik?
Und werden nicht alle möglichen Pläne geschmiedet und teils absurde Nutzungsmöglichkeiten des einst größenwahnsinnigen Projekts diskutiert?
Im Augenblick weiß niemand etwas mit dem Protzpalast des Bischofs anzufangen.
Der Domchor benötigt Räumlichkeiten, die auf seine Bedürfnisse hin zugeschnitten sind.
Solche Räume befinden sich in unmittelbarer Nähe im Eigentum des Bistums.
Eine naheliegendere und sinnvollere Lösung, als die Chöre genau dort unterzubringen, wird man kaum finden.
Und was passiert?
Nichts. 
GAR NICHTS.
Rechter Kanal
Kein Mensch kommt auf die Idee zu fragen, warum der Steuerzahler, sei er katholisch oder nicht, Millionen aufbringen muss, um ein Domizil nahezu ausschließlich für den Domchor und andere zu errichten, wenn gleichzeitig mehr als genug Platz in unmittelbarer Nähe zur Verfügung steht.
Niemand tritt hier einmal auf die Bremse und stoppt diese hemmungslose Verschwendung öffentlicher Gelder.
Und selbst wenn „die Chöre“ unbedingt im Schloss bleiben müssen, warum ist das Bistum dann nicht in der Pflicht, gefälligst selbst die Kosten für die Umbauten zu tragen? Sogar nach der grossmannssüchtigen architektonischen Kassenplünderung durch den Bauernsohn im Seidenkleid ist die Kasse des Bischöflichen Stuhls noch mit guten 80 Millionen Euro an Vermögen gefüllt.
Die Baumaßnahmen für den Chor am Schloss werden wohl unter 5 Millionen liegen, wären also nicht einmal von Rom bzw. der Deutschen Bischofskonferenz zu genehmigen, sollten sie aus der reichgefüllten Schatzkammer finanziert werden.
Aber dies sind Forderungen, die die klerikalhörige Politik nicht einmal zu denken wagt. Dabei wäre es höchste Zeit, sich gerade im Licht der jüngsten Skandale endlich einmal auch liebgewonnene Traditionen genauer anzuschauen. Eine davon ist: Das Bischöfliche Ordinariat bzw. der Bischof fordern, Bürgermeister, Magistrat und Stadtverordnete nicken und werden gesegnet. Vielleicht.
Das ist seit Jahrzehnten so.
Richtig war es deshalb noch nie.
Der nach wie vor nominelle Bischof von Limburg muss nun Rechenschaft ablegen über die Gelder, die er für seine privaten Bauten ausgegeben hat.
Höchste Zeit, dass die Stadt Limburg genauso in die Pflicht genommen wird und endlich einmal jemand an der richtigen Stelle und der erforderlichen Hartnäckigkeit zu fragen traut, wieviel Geld aus der Stadtkasse auf den Domberg wandert.
Immer wieder.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen