Was wurde im Vorfeld des
Altstadtfestes nicht alles berichtet, gemutmaßt, gedroht, angekündigt,
vermeldet, dementiert und verkündet. Vollkommen ausgeschlossen wäre es, die
dreitägige Freß-, Sauf- und Dröhnorgie stattfinden zu lassen, falls die Stadt
Limburg nicht eine vollständige Absperrung der Altstadt sowie Straffreiheit für
Wegelagerei und Übergriffe aller Art durch wen auch immer garantieren würde.
Und wie wichtig und richtig und großartig war es, dass man in den vergangenen
Jahren eben nicht jeden unkontrolliert in die Stadt gelassen hatte. Aus „Sicherheitsgründen“.
Der Untergang der Welt, wie man
sie kannte, stand unmittelbar bevor, wäre der Veranstalter auf einmal gezwungen,
sich an Recht, Gesetz, Auflagen und Beschränkungen zu halten.
Seitens des logenartigen
Vorstandszirkels innerhalb des Kommerzvereins war man sich sicher, dass man
über genug Macht und Einfluss und vor allem persönliche Bedeutung und Verbindungen
verfügte, alles zu erhalten, was man ultimativ forderte.
Und dann das. Plötzlich war es
aus mit der Hinterzimmermauschelei und der augenzwinkernden
Cappucinokomplizenschaft. „Kein Mensch wird von irgendwelchen vorbestraften
Warnwestenträgern am Betreten der Altstadt gehindert", hieß es, ohne Wenn und
Aber. Und Zollstock und Rollmaß regierten auf einmal, statt der einstmals so
freihändigen Platzzuteilung nach Schrittmaß ohne Rücksicht auf Verluste.
Hier findet das Fest statt. Vor zwei Wochen. |
Ein Horrorszenario und nach den
Prognosen der platzvermietenden Krämervereinigung hätte eine Katastrophe
biblischen Ausmaßes eintreten müssten.
Tat sie aber nicht.
Der angedrohte Untergang des
Abendlandes fiel ins Wasser.
Eine Schlägerei mit
schwerverletzten Polizisten, die am nächsten Morgen keine Schramme mehr hatten,
wurde vermeldet, und ein angebliches Feuer, das von einem Feuerlöscher
ausgelöst wurde (ja, genau das habe ich mich auch gefragt…).
Und sonst? Wo waren die Horden
von Randalierern, die in früheren Zeiten von den mutigen Juvenilen in schwarzen
Hemdchen an Absperrungen in heldenhaftem Kampf zurückgedrängt wurden?
Keiner sah sie, keiner hörte sie
und vor allem sprach keiner mehr darüber.
Vom Veranstalter schon gar
niemand.
Was kümmerte das dumme Geschwätz
von gestern, wenn man es durch ebensolches von heute ersetzen kann.
Einen guten Tag, bevor das Fest
überhaupt beendet war, zog ein berüchtigter Repräsentant des
Instituts für experimentelle Logik und Orthografie namens der Krämer eine ganz
persönliche und offizielle Jubelbilanz, die unkritisch in der Presse ohne jede
Nachfrage übernommen wurde.
Alles war großartig. Auf einmal.
Aber sowas von großartig. Und der
Verkauf von „Fanbändchen“, diese ach so ureigene Idee, war der größte Erfolg
seit der Teilung des Meeres durch Moses. Alle, aber wirklich alle wurden
verkauft und noch viel mehr, die man dann aus den Kellern kramte und der
hysterisch-fröhlichen Weiblichkeit in die Hand drückte, die penetrant jeden
immer wieder ansprach, der sich ohne Hundehalsband am Gelenk sehen ließ.
Dass man an beiden Tagen immer
mehr und immer verzweifeltere (oder resignierende) Plastikfesselverkäuferinnen beobachten
musste, die bündelweise die Ichbineinfreund-Markierer herumtrugen, die sie
nicht an Mann und Frau bringen konnten, muss eine Fata Morgana gewesen sein,
die die merklich reduzierte Zahl der Besucher ereilte.
Menschen, die die Grundrechenarten
beherrschen, hätten auch jeden Beleg für die angebliche Menge an Ständen,
Bühnen und Bands vermisst.
Hätte es irgendwen interessiert.
Aber
die großen Löcher in den Reihen der Stände, die angekündigten und nicht
auftretenden Bands, der fehlende Veranstaltungsort, all das fiel nicht weiter
auf.
Es wurde in die große Schublade
der Gefühle sortiert, die das Altstadtfest 2014 bei den Beteiligten auslöste: „Na
ja.“, „Ach ja.“, „Na und?“ dominierten. Es war alles… Irgendwie. Ja, genau. Vor allem teuer. Und
wo gehen wir jetzt hin?
Nachdem in diesem Jahr noch viel
mehr ansässige Wirte ihre Beteiligung verweigerten, ist das, was einst als ein
Miteinander begann, als ein Fest der Bürger und Geschäftsleute für die Bürger,
Geschäftsleute und Gäste, endgültig am Ziel Leichenhalle angekommen. Es war ein
mittelgroßes Irgendwas, das jetzt nur noch eine weitere, beliebige und fremde
Veranstaltung ist. Ein wenig Rummel vor der zwangsverpflichteten Kulisse. Aber ganz
bestimmt kein Fest der Limburger Altstadt.
Wenn man es drastisch ausdrücken
will, kann man sagen, dass das Limburger Altstadtfest 2014 auf eine seltsam
träge Weise einfach scheißegal war.
Selbst die einschlägig bekannten
Lokalgrößen, die man sonst nur mit Waffengewalt aus dem Fokus eines
Fotoapparates zwingen kann, hielten sich auffällig fern. Keine Grinsegesichter schwenkten
volle Bierhumpen beim Faßanstich und sogar die Heimseite des Veranstalters
schaffte es, noch fast 14 Tage lang die längst vergangene Veranstaltung als „demnächst“
anzukündigen. Erst dann ersetzte man schamhaft das Wörtchen „wird“ durch „war“.
Ansonsten ließ man alles beim Alten, falsche Zahlen der
Selbstbeweihräucherungsstatistik inklusive. Für die Weihnachtsbeleuchtung. Wir warten auf den Stern von Bethlehem.
Wer wissen will, wie es um das
Limburger Altstadtfest bestellt ist, der mag es sich am Eingang zum Kornmarkt
anschauen. Dort hängt noch immer das Transparent zwischen den Häusern. Reichlich
mitgenommen und deformiert flattert die Plane symbolträchtig im Wind: Limburger
Altstadtfest. Wenn kümmert es noch?
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