Sonntag, 13. Juli 2014

Limburger Altstadtfest 2014: War da was?



Was wurde im Vorfeld des Altstadtfestes nicht alles berichtet, gemutmaßt, gedroht, angekündigt, vermeldet, dementiert und verkündet. Vollkommen ausgeschlossen wäre es, die dreitägige Freß-, Sauf- und Dröhnorgie stattfinden zu lassen, falls die Stadt Limburg nicht eine vollständige Absperrung der Altstadt sowie Straffreiheit für Wegelagerei und Übergriffe aller Art durch wen auch immer garantieren würde. Und wie wichtig und richtig und großartig war es, dass man in den vergangenen Jahren eben nicht jeden unkontrolliert in die Stadt gelassen hatte. Aus „Sicherheitsgründen“.
Der Untergang der Welt, wie man sie kannte, stand unmittelbar bevor, wäre der Veranstalter auf einmal gezwungen, sich an Recht, Gesetz, Auflagen und Beschränkungen zu halten.
Seitens des logenartigen Vorstandszirkels innerhalb des Kommerzvereins war man sich sicher, dass man über genug Macht und Einfluss und vor allem persönliche Bedeutung und Verbindungen verfügte, alles zu erhalten, was man ultimativ forderte.
Und dann das. Plötzlich war es aus mit der Hinterzimmermauschelei und der augenzwinkernden Cappucinokomplizenschaft. „Kein Mensch wird von irgendwelchen vorbestraften Warnwestenträgern am Betreten der Altstadt gehindert", hieß es, ohne Wenn und Aber. Und Zollstock und Rollmaß regierten auf einmal, statt der einstmals so freihändigen Platzzuteilung nach Schrittmaß ohne Rücksicht auf Verluste.
Hier findet das Fest statt. Vor zwei Wochen.
Ein Horrorszenario und nach den Prognosen der platzvermietenden Krämervereinigung hätte eine Katastrophe biblischen Ausmaßes eintreten müssten.
Tat sie aber nicht.
Der angedrohte Untergang des Abendlandes fiel ins Wasser.
Eine Schlägerei mit schwerverletzten Polizisten, die am nächsten Morgen keine Schramme mehr hatten, wurde vermeldet, und ein angebliches Feuer, das von einem Feuerlöscher ausgelöst wurde (ja, genau das habe ich mich auch gefragt…).
Und sonst? Wo waren die Horden von Randalierern, die in früheren Zeiten von den mutigen Juvenilen in schwarzen Hemdchen an Absperrungen in heldenhaftem Kampf zurückgedrängt wurden?
Keiner sah sie, keiner hörte sie und vor allem sprach keiner mehr darüber.
Vom Veranstalter schon gar niemand.
Was kümmerte das dumme Geschwätz von gestern, wenn man es durch ebensolches von heute ersetzen kann.
Einen guten Tag, bevor das Fest überhaupt beendet war, zog ein berüchtigter Repräsentant des Instituts für experimentelle Logik und Orthografie namens der Krämer eine ganz persönliche und offizielle Jubelbilanz, die unkritisch in der Presse ohne jede Nachfrage übernommen wurde.
Alles war großartig. Auf einmal.
Aber sowas von großartig. Und der Verkauf von „Fanbändchen“, diese ach so ureigene Idee, war der größte Erfolg seit der Teilung des Meeres durch Moses. Alle, aber wirklich alle wurden verkauft und noch viel mehr, die man dann aus den Kellern kramte und der hysterisch-fröhlichen Weiblichkeit in die Hand drückte, die penetrant jeden immer wieder ansprach, der sich ohne Hundehalsband am Gelenk sehen ließ.
Dass man an beiden Tagen immer mehr und immer verzweifeltere (oder resignierende) Plastikfesselverkäuferinnen beobachten musste, die bündelweise die Ichbineinfreund-Markierer herumtrugen, die sie nicht an Mann und Frau bringen konnten, muss eine Fata Morgana gewesen sein, die die merklich reduzierte Zahl der Besucher ereilte.
Menschen, die die Grundrechenarten beherrschen, hätten auch jeden Beleg für die angebliche Menge an Ständen, Bühnen und Bands vermisst.
Hätte es irgendwen interessiert. 
Aber die großen Löcher in den Reihen der Stände, die angekündigten und nicht auftretenden Bands, der fehlende Veranstaltungsort, all das fiel nicht weiter auf.
Es wurde in die große Schublade der Gefühle sortiert, die das Altstadtfest 2014 bei den Beteiligten auslöste: „Na ja.“, „Ach ja.“, „Na und?“ dominierten. Es war alles… Irgendwie. Ja, genau. Vor allem teuer. Und wo gehen wir jetzt hin?
Nachdem in diesem Jahr noch viel mehr ansässige Wirte ihre Beteiligung verweigerten, ist das, was einst als ein Miteinander begann, als ein Fest der Bürger und Geschäftsleute für die Bürger, Geschäftsleute und Gäste, endgültig am Ziel Leichenhalle angekommen. Es war ein mittelgroßes Irgendwas, das jetzt nur noch eine weitere, beliebige und fremde Veranstaltung ist. Ein wenig Rummel vor der zwangsverpflichteten Kulisse. Aber ganz bestimmt kein Fest der Limburger Altstadt.
Wenn man es drastisch ausdrücken will, kann man sagen, dass das Limburger Altstadtfest 2014 auf eine seltsam träge Weise einfach scheißegal war.
Selbst die einschlägig bekannten Lokalgrößen, die man sonst nur mit Waffengewalt aus dem Fokus eines Fotoapparates zwingen kann, hielten sich auffällig fern. Keine Grinsegesichter schwenkten volle Bierhumpen beim Faßanstich und sogar die Heimseite des Veranstalters schaffte es, noch fast 14 Tage lang die längst vergangene Veranstaltung als „demnächst“ anzukündigen. Erst dann ersetzte man schamhaft das Wörtchen „wird“ durch „war“. Ansonsten ließ man alles beim Alten, falsche Zahlen der Selbstbeweihräucherungsstatistik inklusive. Für die Weihnachtsbeleuchtung. Wir warten auf den Stern von Bethlehem.
Wer wissen will, wie es um das Limburger Altstadtfest bestellt ist, der mag es sich am Eingang zum Kornmarkt anschauen. Dort hängt noch immer das Transparent zwischen den Häusern. Reichlich mitgenommen und deformiert flattert die Plane symbolträchtig im Wind: Limburger Altstadtfest. Wenn kümmert es noch?

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