Dienstag, 17. September 2013

Science Haus – Limburg (er)findet eine neue Geldvernichtungsmanufaktur



Der Haupt- und Finanzausschuss könne beschließen, dass es nichts zu beschließen gibt, musste der Bürgermeister auf der letzten Sitzung gestehen. Das Thema war das aktuell geheimnisvollste Projekt der rührigen Stadtregierung, das inzwischen unter dem dritten Namen firmiert. Was einst als Mechanikum ins Leben trat, eine kurze heftige Pubertät als ZeitWerk erleben durfte, heißt nun Science Haus und war Thema.
Wissenschaft in Denglish hier...
Wieder einmal oder erstmalig, je nach Deutung der Entwicklungen und Standpunkt.
Die Älteren werden sich erinnern, dass einst im Mai der Bürgermeister die Stadt, den Magistrat und generell alle damit überraschte, dass in der damals noch gar nicht beschlossenen Erweiterung der WerkStadt etwas Volksbildendes entstehen müsse. Was, wusste niemand so wirklich. Nur dass es etwas mit Mechanik zu tun haben sollte und mit verschiedenen anderen –kums der weiteren Umgebung korrespondieren.
Nach dem Beschluss, dass die Stadt derlei unbedingt braucht, weil sie damit EU-Gelder einsacken könnte, geschah das, was in Limburg üblich ist. Es wurde in Hinterzimmern und vor einschlägig bekannten Cafés gemauschelt und das Resultat war, dass der fremde Initiator des Projekts rausgekegelt wurde. Und der Kampf um Rom begann, sprich um den Namen des Dinges an sich.
Nachdem man diesbezüglich obsiegte, waren sowohl Name als Konzeption bei der nächsten Beschlussvorlage Schall und Rauch und das Kind hatte einen anderen Titel.
Und niemand hatte eine Vorstellung, was es denn überhaupt werden sollte.
Man beschloss trotzdem fleißig, dass es gebraucht würde, und erfuhr, dass es natürlich teurer werde. Warum, wieso, mit wem und weshalb waren Fragen, auf die die Herrscher traditionell jede Antwort schuldig blieben.
Dieser offenbar obligatorischen Vorgabe im Limburger öffentlichen Handeln folgten die Machthaber dann bei der jüngsten Sitzung des zuständigen Ausschusses.
Man kann so ungefähr alles noch nicht sagen.
Nur, dass nun also ein Science Haus das allein Seeligmachende sein soll.
Dabei spielt es ganz offenbar absolut keine Rolle, dass die zuständigen Stellen von der Stadtverordnetenversammlung keinerlei Mandat hatten, irgendetwas anderes als eine Konzeption des Mechanikums zu entwickeln und entsprechende Machbarkeits- und Bedarfsstudien in Auftrag zu geben. Von ZeitWerken oder Science-Häusern war nie die Rede.
Schnitzel mit Pommes hatten die Limburger bestellt - serviert wurde nun aber Kalbshirn an Blattspinat. Mit der entsprechenden Rechnung.
...oder dort?
4,4 Millionen soll die große Unbekannte zum jetzigen Zeitpunkt kosten – und nur 1,5 Millionen davon sollen aus irgendeinem EU-Goldtopf kommen. Bleiben rein rechnerisch satte 2,9 Millionen, die die Stadt Limburg aufbringen muss, auch wenn bürgermeisterliche Verrechnungsoperationen mit Posten, die mit dem „Science Haus“ überhaupt nichts zu tun haben, etwas anderes suggerieren wollen.
Doch das sind nur die Kosten, die bis jetzt KALKULIERBAR sind. Wie schnell Preise für kleine, bescheidene Eigenheime nebst häuslichem Arbeitszimmer explodieren können, zeigt ein gewisses Monument der Hybris gegenüber des Doms für jetzt und alle Ewigkeit.
Was bekäme der gemeine Limburger nun für diese fast 3 Millionen, Tendenz steigend?
Nichts, was er in irgendeiner Form braucht oder was der Allgemeinheit zu Gute käme.
Auch wenn der Spezialist des beauftragten Projektentwicklers einen ganzen Vorrat an Phrasen parat hatte, was die Bürger der Lahnstadt denn nun mit diesem Populärwissenschaftstempelchen anfangen können sollen, eine wirkliche Antwort darauf hatte er nicht. Nur Forderungen an den gemeinen Limburger, „sich einzubringen“.
In erster Linie ist das angeblich vorbildliche Stadtmarketingprodukt für Auswärtige, die sehr hochgerechnet 75tausendköpfig jährlich dorthin pilgern sollen, dabei anderthalb Stunden Anfahrt in Kauf nehmen und auch noch 7,50 € Eintritt für das unbekannte Vergnügen zahlen sollen.
Auf der Haben-Seite für Limburg stehen drei Arbeitsplätze und ein paar Minijobber.
Und eine schwarze Null. Vielleicht. Wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen.
Besucherparkplatz?
Soll heißen, derlei Besucherzahlen sind der absolut hochgerechnete Idealfall, mussten Bürgermeister und Vortragender zugeben. Schaut man auf den Radius des angeblichen Einzugsgebiets, findet man mittendrin nämlich so kleine und unattraktive Ziele wie Frankfurt und Köln, deren Museums- und Eventtempel-Infrastruktur Limburg also das Wasser abgraben will. Und dabei hat noch niemand den Namen Schloss Freundenberg erwähnt, wo ein sehr ähnlich geartetes aber ungleich attraktiver präsentiertes Programm um sinkende Besucherzahlen konkurriert.
Das Worst-Case-Szenario hatte der Entwickler dann auch wohlweislich gar nicht erst errechnet. Man könnte auch sagen, dass da jemand genauso wenig seine Hausaufgaben gemacht hatte, wie Magistrat und Bürgermeister. Ein mathematisches Genie braucht man nicht zu sein, um zu kalkulieren, was realistische Besucherzahlen für das Projekt bedeuten. Die Stadt Limburg ist auf dem besten Wege, für mehrere Millionen zu sichern, dass sie in Zukunft jährlich eine Viertelmillion an Personal-, Betriebs- und Instandhaltungskosten für die Defizite eines kommunalen Unternehmens im Etat veranschlagen muss, das nur deshalb gebaut wurde, um es gebaut zu haben. Von der beschworenen Integration der Bürger kann nicht die Rede sein. Die hat nämlich niemand gefragt, ob sie so etwas brauchen und wollen.
Sie werden im Fall eines Falles sicher etwas bekommen. Nämlich eine ganz erhebliche, verkehrstechnische Mehrbelastung und zwar ausgerechnet der Diezer Straße, die sowieso schon der Kulminationspunkt des Limburger Verkehrsinfarktes ist. Die Frage, wo die Besucher-Massen ihre Wagen parken sollen, wenn die Verdreifachung der Verkaufsfläche der WerkStadt abgeschlossen ist und die Einkaufstouristen auf den jetzt schon zu knapp bemessenen Plätzen um Raum für ihre Fahrzeuge kämpfen, wurde selbstverständlich nicht einmal erwähnt geschweige denn beantwortet.
Das einzige, was offenbar nicht in Frage steht, ist die Tatsache, dass wieder einmal ganz, ganz schnell entschieden werden muss, auch wenn noch nicht einmal ein Bruchteil der Fakten auf dem Tisch liegen.
Glücklicherweise ist nach all dem Geld, das für Planungen, Gutachten und auch Prozesse bereits sinnfrei verbrannt wurde, noch kein endgültiger Beschluss des maßgeblichen Gremiums gefällt worden.
Die Stadtverordnetenversammlung hat noch nichts entschieden, auch weil ihr noch nichts Beschließbares vorliegt.
Die einzig vernünftige Antwort, die die gewählten Repräsentanten der Bürger für dieses Phantasieprojekt geben sollten, steht dabei wohl fest: Nein, danke. Doch ob sie es schaffen, sich dem Diktat der Herrschenden diesmal zu widersetzen?
Wir dürfen gespannt sein…

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