Der Haupt- und Finanzausschuss
könne beschließen, dass es nichts zu beschließen gibt, musste der Bürgermeister auf
der letzten Sitzung gestehen. Das Thema war das aktuell geheimnisvollste
Projekt der rührigen Stadtregierung, das inzwischen unter dem dritten Namen
firmiert. Was einst als Mechanikum
ins Leben trat, eine kurze heftige Pubertät als ZeitWerk erleben durfte, heißt nun Science Haus und war Thema.
Wissenschaft in Denglish hier... |
Wieder einmal oder erstmalig, je
nach Deutung der Entwicklungen und Standpunkt.
Die Älteren werden sich erinnern,
dass einst im Mai der Bürgermeister die Stadt, den Magistrat und generell alle
damit überraschte, dass in der damals noch gar nicht beschlossenen Erweiterung
der WerkStadt etwas Volksbildendes entstehen müsse. Was, wusste niemand so
wirklich. Nur dass es etwas mit Mechanik zu tun haben sollte und mit
verschiedenen anderen –kums der weiteren Umgebung korrespondieren.
Nach dem Beschluss, dass die
Stadt derlei unbedingt braucht, weil sie damit EU-Gelder einsacken könnte,
geschah das, was in Limburg üblich ist. Es wurde in Hinterzimmern und vor
einschlägig bekannten Cafés gemauschelt und das Resultat war, dass der fremde
Initiator des Projekts rausgekegelt wurde. Und der Kampf um Rom begann, sprich
um den Namen des Dinges an sich.
Nachdem man diesbezüglich
obsiegte, waren sowohl Name als Konzeption bei der nächsten Beschlussvorlage Schall
und Rauch und das Kind hatte einen anderen Titel.
Und niemand hatte eine
Vorstellung, was es denn überhaupt werden sollte.
Man beschloss trotzdem fleißig,
dass es gebraucht würde, und erfuhr, dass es natürlich teurer werde. Warum,
wieso, mit wem und weshalb waren Fragen, auf die die Herrscher traditionell
jede Antwort schuldig blieben.
Dieser offenbar obligatorischen
Vorgabe im Limburger öffentlichen Handeln folgten die Machthaber dann bei der
jüngsten Sitzung des zuständigen Ausschusses.
Man kann so ungefähr alles noch
nicht sagen.
Nur, dass nun also ein Science
Haus das allein Seeligmachende sein soll.
Dabei spielt es ganz offenbar
absolut keine Rolle, dass die zuständigen Stellen von der
Stadtverordnetenversammlung keinerlei Mandat hatten, irgendetwas anderes als
eine Konzeption des Mechanikums zu entwickeln und entsprechende Machbarkeits-
und Bedarfsstudien in Auftrag zu geben. Von ZeitWerken oder Science-Häusern war
nie die Rede.
Schnitzel mit Pommes hatten
die Limburger bestellt - serviert wurde nun aber Kalbshirn an Blattspinat. Mit
der entsprechenden Rechnung.
...oder dort? |
4,4 Millionen soll die große
Unbekannte zum jetzigen Zeitpunkt kosten – und nur 1,5 Millionen davon sollen
aus irgendeinem EU-Goldtopf kommen. Bleiben rein rechnerisch satte 2,9
Millionen, die die Stadt Limburg aufbringen muss, auch wenn bürgermeisterliche
Verrechnungsoperationen mit Posten, die mit dem „Science Haus“ überhaupt nichts
zu tun haben, etwas anderes suggerieren wollen.
Doch das sind nur die Kosten, die
bis jetzt KALKULIERBAR sind. Wie schnell Preise für kleine, bescheidene Eigenheime
nebst häuslichem Arbeitszimmer explodieren können, zeigt ein gewisses Monument
der Hybris gegenüber des Doms für jetzt und alle Ewigkeit.
Was bekäme der gemeine Limburger
nun für diese fast 3 Millionen, Tendenz steigend?
Nichts, was er in irgendeiner
Form braucht oder was der Allgemeinheit zu Gute käme.
Auch wenn der Spezialist des
beauftragten Projektentwicklers einen ganzen Vorrat an Phrasen parat hatte, was
die Bürger der Lahnstadt denn nun mit diesem Populärwissenschaftstempelchen
anfangen können sollen, eine wirkliche Antwort darauf hatte er nicht. Nur
Forderungen an den gemeinen Limburger, „sich einzubringen“.
In erster Linie ist das angeblich
vorbildliche Stadtmarketingprodukt für Auswärtige, die sehr hochgerechnet
75tausendköpfig jährlich dorthin pilgern sollen, dabei anderthalb Stunden
Anfahrt in Kauf nehmen und auch noch 7,50 € Eintritt für das unbekannte
Vergnügen zahlen sollen.
Auf der Haben-Seite für Limburg
stehen drei Arbeitsplätze und ein paar Minijobber.
Und eine schwarze Null. Vielleicht.
Wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen.
Besucherparkplatz? |
Soll heißen, derlei
Besucherzahlen sind der absolut hochgerechnete Idealfall, mussten Bürgermeister und Vortragender zugeben. Schaut man auf den Radius
des angeblichen Einzugsgebiets, findet man mittendrin nämlich so kleine und
unattraktive Ziele wie Frankfurt und Köln, deren Museums- und
Eventtempel-Infrastruktur Limburg also das Wasser abgraben will. Und dabei hat
noch niemand den Namen Schloss Freundenberg erwähnt, wo ein sehr ähnlich
geartetes aber ungleich attraktiver präsentiertes Programm um sinkende
Besucherzahlen konkurriert.
Das Worst-Case-Szenario hatte der
Entwickler dann auch wohlweislich gar nicht erst errechnet. Man könnte auch
sagen, dass da jemand genauso wenig seine Hausaufgaben gemacht hatte, wie
Magistrat und Bürgermeister. Ein mathematisches Genie braucht man nicht zu
sein, um zu kalkulieren, was realistische Besucherzahlen für das Projekt
bedeuten. Die Stadt Limburg ist auf dem besten Wege, für mehrere Millionen zu
sichern, dass sie in Zukunft jährlich eine Viertelmillion an Personal-, Betriebs-
und Instandhaltungskosten für die Defizite eines kommunalen Unternehmens im
Etat veranschlagen muss, das nur deshalb gebaut wurde, um es gebaut zu haben. Von der beschworenen Integration
der Bürger kann nicht die Rede sein. Die hat nämlich niemand gefragt, ob sie so
etwas brauchen und wollen.
Sie werden im Fall eines Falles
sicher etwas bekommen. Nämlich eine ganz erhebliche, verkehrstechnische
Mehrbelastung und zwar ausgerechnet der Diezer Straße, die sowieso schon der
Kulminationspunkt des Limburger Verkehrsinfarktes ist. Die Frage, wo die Besucher-Massen
ihre Wagen parken sollen, wenn die Verdreifachung der Verkaufsfläche der
WerkStadt abgeschlossen ist und die Einkaufstouristen auf den jetzt schon zu
knapp bemessenen Plätzen um Raum für ihre Fahrzeuge kämpfen, wurde selbstverständlich
nicht einmal erwähnt geschweige denn beantwortet.
Das einzige, was offenbar nicht
in Frage steht, ist die Tatsache, dass wieder einmal ganz, ganz schnell entschieden
werden muss, auch wenn noch nicht einmal ein Bruchteil der Fakten auf dem Tisch
liegen.
Glücklicherweise ist nach all dem
Geld, das für Planungen, Gutachten und auch Prozesse bereits sinnfrei verbrannt
wurde, noch kein endgültiger Beschluss des maßgeblichen Gremiums gefällt
worden.
Die Stadtverordnetenversammlung
hat noch nichts entschieden, auch weil ihr noch nichts Beschließbares vorliegt.
Die einzig vernünftige Antwort,
die die gewählten Repräsentanten der Bürger für dieses Phantasieprojekt geben
sollten, steht dabei wohl fest: Nein, danke. Doch ob sie es schaffen, sich
dem Diktat der Herrschenden diesmal zu widersetzen?
Wir dürfen gespannt sein…
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