Dienstag, 17. Juni 2014

Reden wir über ... Fußball!



Gleich das Eröffnungsspiel der Fußball WM 2014 hat dem Interessierten weltweit gezeigt, was Sache ist: Die richtigen Leute sorgen dafür, dass die richtige Mannschaft siegt. Brasilien feiert, Millionen von Menschen schütteln die Köpfe und sehen Betrug, Gemauschel und Verderben, aber die Karawane bellt und der Hund zieht weiter. Hauptsache gewonnen. Der Schiedsrichter, der sonst sein Leben als Pfeifenmann einer Operettenliga fristet, hat alles richtig gemacht, denn er hat seine Aufgabe erfüllt. Er hat genau das getan, was die Obrigkeit von ihm erwartet hat. Dabei ist es sicher falsch anzunehmen, irgendjemand hätte ihn in einem Hinterzimmer einer Spelunke gebrieft und ihm genau gesagt, was er zu pfeifen hat.

Nein, so funktioniert Korruption nicht.

Zu einem ganz großen Teil ist es vorauseilender Gehorsam willfähriger Unterlinge, die speichelleckerisch unausgesprochene aber eindeutiger Wünsche der Bosse erfüllen. Es macht den fetten, klebrigen Filz so undurchdringlich und gleichzeitig effektiv, dass man so selten harte Beweise für diese kleinen Geschenke unter Freunden findet. Der Falschpfeifer aus der J-League jedoch kann sicher sein, dass seine Spielleitung am Ende des Tages nicht zu seinem Schaden sein wird.

Was hat das Ganze nun mit Limburg zu tun, wird sich der eine oder andere treue Leser fragen.

Sehr viel mehr, als man auf den ersten Blick denkt.


Reden wir über … Fußball.


In diesem Fall über das öffentliche, gemeinsame Betrachten von Spielen. „Public Viewing“ heißt das lustigerweise in Denglisch, was aber nichts anderes als „öffentliche Leichenschau“ bedeutet. Nun ist das für die Ereignisse sogar passend, zu denen ich ein paar Gedanken beitragen will.

Es geht nämlich um eine Leiche. Die Leiche einer Veranstaltung, die in der Vergangenheit mehrfach problemlos stattfinden konnte, das Errichten einer Großbildleinwand auf dem Gelände der 19er. Man kam, sah, trank, aß, jubelte. Und blieb noch eine Weile oder auch nicht.

Nie war das ein Problem, nie gab es besondere Klagen, nie gab es Auseinandersetzungen, Schäden oder Belästigungen. Der Veranstalter war jederzeit darauf bedacht, im Dialog mit ALLEN zurecht zu kommen.

Also sollte es auch dieses Jahr wieder kein Problem sein.

Glaubte er.

Falsch gedacht.

Auf einmal wurden von der Verwaltung Probleme in Massen und Mengen ge- und erfunden, Fristen gesetzt und Auflagen erteilt, die man für ganz andere und wesentlichere Eingriffe in den Verkehr, temporäre Bauten und Lärmemissionen nicht einmal in Betracht zieht und zog. All das folgte jedoch einem einzigen, klar erkennbaren Ziel: Die Veranstaltung sollte um jeden Preis verhindert werden, auch um den Preis des Rechts, also einer Sache, die in Limburg verwaltungsseitig nur zu häufig lediglich als ein unverbindliches Werk an Vorschläge betrachtet wird, so es denn auf Seiten des Bürgers ist.

Plötzlich waren Unmengen von Parkplätzen für Besucher erforderlich, die sowieso zu 95% zu Fuß kommen, Baugenehmigungen, Nutzungsänderungsanträge und so weiter und so schwierig und so bürokratisch.

Man muss sich das einmal vor Augen führen. An der Lahn liegt ein Stadion. Dieses ist zu dem Zweck errichtet, dort Sport zu betreiben, vorzugsweise Fußball. Dieses Treiben soll dort vor möglichst vielen Zuschauern stattfinden, gerne vor Tausenden.

Man darf dorthin gehen, um Fußball zu sehen. Lebend. Ohne jede besondere Auflage.

Nun möchte jemand auf genau demselben Platz Zuschauern Fußball bieten, nur eben virtuell. Und plötzlich ist es eine völlig andere Veranstaltung? Zuschauer für Fußball lebend kommen immer zu Fuß, die virtuellen immer mit dem Auto? Wo sind die Parkplätze für die Heimspiele des ruhmreichen VfR 1919? Wo waren diese zu Hessenliga-Zeiten?

Verwaltungsrechtler konstatieren, dass die Auflagen und Forderungen der Stadt Limburg für den Veranstalter zum größten Teil rechtswidrig und willkürlich waren. Aber in der Werner Senger Straße kann man leicht mit verbeamtetem, kaltem Lächeln auf den Rechtsweg verweisen. Bis ein Gericht eine Entscheidung trifft, ist die WM lange vorüber und damit eine Klage obsolet.

Dem Betroffenen blieb nur der Rückzug und der Pressestelle oblag es, die obligatorischen Krokodilstränen zu verdrücken: Man hätte doch nur zu gerne ein Public Viewing gehabt.

Das mag sogar richtig sein. Es fehlt jedoch das große Aber. 
Aber von den richtigen Leuten.

Der designierte Veranstalter hingegen war der falsche Mann. Er war mit der falschen Frau liiert und er hatte sich mit den falschen Krämerseelen rund um den Altstadtfestskandal 2013 angelegt und mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten.

Die Quittung hat er nun bekommen, mit drei Stempeln, aber ohne Unterschriften der heimlichen Helden im Hintergrund.

Sicher hatte niemand die Leiter der zuständigen Stellen ins Hinterzimmer der Macht zitiert und ihnen eine förmliche, dienstliche Anweisung erteilt. So funktioniert das nicht.

Aber es ist genauso sicher, dass die Zuständigen ganz genau wussten, was von ihnen erwartet wurde.

Sie haben geliefert und die Strippenzieher lächeln sich in der Frühsonne über große Tische am Kornmarkt hinweg wissend zu und schlürfen einen Espresso. DEM haben sie es jetzt nämlich so richtig gezeigt. Sie und ihre willfährigen Freunde auf den entscheidenden Posten.


Reden wir über … Fußball.


In Brasilien wie in Limburg haben die unantastbaren Gewaltigen ihren dreckigen Sieg davongetragen.

Die Verlierer aber sind hier wie dort die Gleichen.
Die Fußballfans.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen