Gleich das Eröffnungsspiel der Fußball WM 2014 hat dem
Interessierten weltweit gezeigt, was Sache ist: Die richtigen Leute sorgen
dafür, dass die richtige Mannschaft siegt. Brasilien feiert, Millionen von
Menschen schütteln die Köpfe und sehen Betrug, Gemauschel und Verderben, aber
die Karawane bellt und der Hund zieht weiter. Hauptsache gewonnen. Der Schiedsrichter,
der sonst sein Leben als Pfeifenmann einer Operettenliga fristet, hat alles
richtig gemacht, denn er hat seine Aufgabe erfüllt. Er hat genau das getan, was
die Obrigkeit von ihm erwartet hat. Dabei ist es sicher falsch anzunehmen,
irgendjemand hätte ihn in einem Hinterzimmer einer Spelunke gebrieft und ihm
genau gesagt, was er zu pfeifen hat.
Nein, so funktioniert Korruption
nicht.
Zu einem ganz großen Teil ist es
vorauseilender Gehorsam willfähriger Unterlinge, die speichelleckerisch unausgesprochene
aber eindeutiger Wünsche der Bosse erfüllen. Es macht den fetten, klebrigen
Filz so undurchdringlich und gleichzeitig effektiv, dass man so selten harte Beweise
für diese kleinen Geschenke unter Freunden findet. Der Falschpfeifer aus der
J-League jedoch kann sicher sein, dass seine Spielleitung am Ende des Tages
nicht zu seinem Schaden sein wird.
Was hat das Ganze nun mit Limburg
zu tun, wird sich der eine oder andere treue Leser fragen.
Sehr viel mehr, als man auf den
ersten Blick denkt.
Reden wir über … Fußball.
In diesem Fall über das
öffentliche, gemeinsame Betrachten von Spielen. „Public Viewing“ heißt das
lustigerweise in Denglisch, was aber nichts anderes als „öffentliche
Leichenschau“ bedeutet. Nun ist das für die Ereignisse sogar passend, zu denen
ich ein paar Gedanken beitragen will.
Es geht nämlich um eine Leiche.
Die Leiche einer Veranstaltung, die in der Vergangenheit mehrfach problemlos
stattfinden konnte, das Errichten einer Großbildleinwand auf dem Gelände der
19er. Man kam, sah, trank, aß, jubelte. Und blieb noch eine Weile oder auch
nicht.
Nie war das ein Problem, nie gab
es besondere Klagen, nie gab es Auseinandersetzungen, Schäden oder
Belästigungen. Der Veranstalter war jederzeit darauf bedacht, im Dialog mit
ALLEN zurecht zu kommen.
Also sollte es auch dieses Jahr
wieder kein Problem sein.
Glaubte er.
Falsch gedacht.
Auf einmal wurden von der
Verwaltung Probleme in Massen und Mengen ge- und erfunden, Fristen gesetzt und Auflagen
erteilt, die man für ganz andere und wesentlichere Eingriffe in den Verkehr,
temporäre Bauten und Lärmemissionen nicht einmal in Betracht zieht und zog. All
das folgte jedoch einem einzigen, klar erkennbaren Ziel: Die Veranstaltung
sollte um jeden Preis verhindert werden, auch um den Preis des Rechts, also einer Sache, die in
Limburg verwaltungsseitig nur zu häufig lediglich als ein unverbindliches Werk
an Vorschläge betrachtet wird, so es denn auf Seiten des Bürgers ist.
Plötzlich waren Unmengen von
Parkplätzen für Besucher erforderlich, die sowieso zu 95% zu Fuß kommen,
Baugenehmigungen, Nutzungsänderungsanträge und so weiter und so schwierig und
so bürokratisch.
Man muss sich das einmal vor
Augen führen. An der Lahn liegt ein Stadion. Dieses ist zu dem Zweck errichtet,
dort Sport zu betreiben, vorzugsweise Fußball. Dieses Treiben soll dort vor
möglichst vielen Zuschauern stattfinden, gerne vor Tausenden.
Man darf dorthin gehen, um
Fußball zu sehen. Lebend. Ohne jede besondere Auflage.
Nun möchte jemand auf genau
demselben Platz Zuschauern Fußball bieten, nur eben virtuell. Und plötzlich ist
es eine völlig andere Veranstaltung? Zuschauer für Fußball lebend kommen immer zu
Fuß, die virtuellen immer mit dem Auto? Wo sind die Parkplätze für die
Heimspiele des ruhmreichen VfR 1919? Wo waren diese zu Hessenliga-Zeiten?
Verwaltungsrechtler konstatieren,
dass die Auflagen und Forderungen der Stadt Limburg für den Veranstalter zum
größten Teil rechtswidrig und willkürlich waren. Aber in der Werner Senger
Straße kann man leicht mit verbeamtetem, kaltem Lächeln auf den Rechtsweg
verweisen. Bis ein Gericht eine Entscheidung trifft, ist die WM lange vorüber
und damit eine Klage obsolet.
Dem Betroffenen blieb nur der
Rückzug und der Pressestelle oblag es, die obligatorischen Krokodilstränen zu
verdrücken: Man hätte doch nur zu gerne ein Public Viewing gehabt.
Das mag sogar richtig sein. Es
fehlt jedoch das große Aber.
Aber von den richtigen Leuten.
Der designierte Veranstalter hingegen
war der falsche Mann. Er war mit der falschen Frau liiert und er hatte sich mit
den falschen Krämerseelen rund um den Altstadtfestskandal 2013 angelegt und mit
seiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten.
Die Quittung hat er nun bekommen,
mit drei Stempeln, aber ohne Unterschriften der heimlichen Helden im Hintergrund.
Sicher hatte niemand die Leiter
der zuständigen Stellen ins Hinterzimmer der Macht zitiert und ihnen eine
förmliche, dienstliche Anweisung erteilt. So funktioniert das nicht.
Aber es ist genauso sicher, dass
die Zuständigen ganz genau wussten, was von ihnen erwartet wurde.
Sie haben geliefert und die
Strippenzieher lächeln sich in der Frühsonne über große Tische am Kornmarkt
hinweg wissend zu und schlürfen einen Espresso. DEM haben sie es jetzt nämlich so richtig gezeigt. Sie und ihre willfährigen Freunde auf den entscheidenden
Posten.
Reden wir über … Fußball.
In Brasilien wie in Limburg haben
die unantastbaren Gewaltigen ihren dreckigen Sieg davongetragen.
Die Verlierer aber sind hier wie
dort die Gleichen.
Die Fußballfans.
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