Noch bevor Narrensitzungen allerorten das Tagesgeschehen
(und den Inhalt der Zeitungen) bestimmen, hat man im Limburger Rathaus
vorzeitig die Narrenkappen aus den Schubladen gezogen.
Hochkarnevalistisch ist, was gerade rund um die Versuche abläuft,
die Hausbesitzer der Limburger Altstadt mit Hilfe einer „Vorauszahlung auf die
Ausgleichsabgabe“ um ihr Eigentum zu bringen.
Weil das Brüderhaus, das Limburg jahrzehntelang verkommen
ließ, noch schnell vor Ablauf der Sanierung der Altstadt am Zusammenbruch gehindert
werden musste, brauchte die Stadt Geld. Da kommunale Mittel in Limburg ja ausschließlich für die
Subventionierung der zweitklassigen Konsumhallen auf dem ehemaligen Bahngelände
und für sinnfreie Gutachten über absolut alles zur Verfügung gestellt werden,
fiel der begehrliche Blick der Regenten wieder einmal auf die Grundbesitzer der
Altstadt. Diese sollten das Brüderhaus zur Hälfte finanzieren – und damit die
andere Hälfte aus Landeszuschüssen loseisen.
Also wurde die oben erwähnten „Vorauszahlung“ erfunden und
die (ein wenig) bedauernswerten Befehlsempfänger der Verwaltungsbürokratie
hatten die Aufgabe, dieses Geld einzutreiben.
Um JEDEN Preis.
Unter Missachtung aller Rechte der Betroffenen versuchten die
beauftragten Schreibtischtäter, die Bescheide durchzupeitschen. Doch die Opfer,
gestählt und ermutigt durch den erfolgreichen Feldzug gegen den
Schildbürgerstreich „Kehrsatzung“, wehrten sich und legten bestens begründet
Widerspruch ein. Außerdem beantragten sie die Aussetzung der zwangsweisen
Beitreibung der Abgaben.
Die Antwort aus dem Rathaus war ein langes Schweigen.
Jetzt aber schnell... ZU SPÄT! |
Später kam ein formloses Papier mit einer sogenannten
Stellungnahme, die die meisten Punkte der Widersprüche überhaupt nicht behandelte.
Mit diesem Schreiben gedachte der Sachbearbeiter jedoch, die Rechte der
Betroffenen kurzerhand auszuhebeln, indem er sie mit Fristsetzung aufforderte,
die Aufrechterhaltung der Widersprüche zu erklären.
Dieser verwaltungsrechtliche Schwachsinn rief die richtigen
Reaktionen der Opfer hervor: Keine.
Nach einem Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt ist
zwingend über diesen zu entscheiden, mit Rechtsmittelbelehrung. Kein
Verwaltungsbürokrat hat das Recht, selbstherrlich zu bestimmen, ein
Betroffener hätte den Widerspruch zurückgezogen, wenn dieser das nicht selbst
erklärt.
Der Untätige in der Verwaltung kam sich jedoch sehr clever
vor, behandelte alle Widersprüche als zurückgezogen, legte die Hände in den
Schoß, ließ als Weihnachtsgeschenk in bester Limburger Manier noch die Kettenhunde
der Stadtkasse aus dem Zwinger, die „Mahnungen“ mit Zinsforderungen unter den
Baum legten, und tat selbst –NICHTS.
Dumm für ihn, dass er dabei etwas ganz Entscheidendes
übersah: Silvester.
Mit Auflauf des Jahres 2014 endete der Bestand des Sanierungsgebietes
Limburger Altstadt und damit auch jede gesetzliche Grundlage zur Forderung
einer "Vorauszahlung auf die Ausgleichsabgabe" wegen einer (im Limburg sowieso
nicht vorhandenen) Erhöhung der Bodenwerte durch die Sanierung.
Da über die Widersprüche nie entschieden wurde und auch die
Aussetzung einer Vollziehung nicht abgelehnt wurde, ist für die Stadt Limburg damit
jede Rechtsgrundlage entfallen, auf diesem Wege den Grundbesitzern der Altstadt
in die Tasche zu greifen.
Diese Erkenntnis machte beim letzten Treffen der
Sanierungsopfer die Runde und ein Musterschreiben an die Stadt wurde verfasst.
Der Entwurf wurde ganz offensichtlich (man ist ja in Limburg…)
der Verwaltung vorzeitig zugespielt – mit dem Resultat, dass in der Werner
Senger Straße die ganz große Panik ausbrach. Plötzlich war der Vorgang eine
Kartoffel. Eine ganz, ganz heiße – und sie wurde kreuz und quer durch Flure und
Büros geworfen und verursachte überall heftige Brandblasen.
Keiner wollte etwas mit dem oberpeinlichen Vorgang zu tun
haben und am Ende landete das kokelnde Wurzelgemüse auf dem Schreibtisch eines
Menschen, der mit alldem bislang noch überhaupt nicht befasst war.
In einem niedlichen Versuch, die Zahnpasta zurück in die
Tube zu bekommen, jagte dieser Bürokrat ganz schnell einen Stapel rückdatierter
Einschreiben heraus, um das inzwischen obsolete
Widerspruchsverfahren doch noch irgendwie am Leben zu halten.
Zu spät.
Die Stadt Limburg hat aus der Sanierung keinen Zugriff mehr
auf das Eigentum der Grundbesitzer der Altstadt.
Die förmliche Abrechnung des Sanierungsgebietes muss nun laut
Baugesetzbuch innerhalb der nächsten drei Jahre erfolgen. Nach allen
gesetzlichen Vorschriften –und die sind tiefgreifend.
Die Sanierungsopfer sind weiterhin Willens, sich bis in die
letzte Instanz gegen jede Form der Abstrafung für ihre eigenen Investitionen zu
wehren.
Falls wider Erwarten dann am Ende aller Prozesse doch
Zahlungen rechtskräftig veranlagt werden, gehen die Einnahmen nicht an die
Stadt Limburg, sondern an das Land Hessen.
Es bleibt spannend zu beobachten, welches Engagement die
Limburger Verwaltung an den Tag legen wird, Geld einzutreiben, das sie bis auf
den letzten Cent weiterreichen muss.
Jemand im Limburger Rathaus wollte wahnsinnig clever sein. Doch
nun hat er es so richtig verbockt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen