Der neueste Geniestreich Limburger Hinterzimmerpolitik
Es scheint kaum eine Beschäftigung in Limburg zu geben, bei
der man mit mehr Überraschungen rechnen muss, als städtischer Parlamentarier. Allem
Anschein nach landen immer wieder Papiere und Beschlussvorlagen auf den
Schreibtischen der Stadtverordneten, deren Sinn sich einem normal denkenden
Menschen auch nach mehrfachem Studium nicht erschließt.
Das hat durchaus Methode. Die Parlamentarier sollen ja nicht
lesen oder gar verstehen. Sie sollen zustimmen. Fragen sind da nur lästig.
Der Ursprung des Schrifttums ist in der Regel immer
derselbe: Es kommt aus dem Rathaus. Aber dort weiß offenbar nie jemand, wie
diese Papiere zustande kommen und wer persönlich sie verfasst hat. So muss
Ende letzten Jahres z. B. die Kehrsatzung kurz vor Weihnachten von
Heinzelmännchen über Nacht in Blei gegossen worden und auf dem Tisch des
Bürgermeisters abgelegt worden sein. Denn WER für diesen epochalen
Schildbürgerstreich sorgte, konnte, Wunder über Wunder, im Nachhinein nicht
mehr festgestellt werden.
Nun ist es wieder so weit.
Gelungene Integration historischer und neuerer Baukunst |
Das Stadtparlament möge beschließen, erfuhr es, dass es den
Magistrat beauftragen soll, einen Bebauungsplan für die Altstadt aufzustellen.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sei, unbestätigten Gerüchten zufolge, in
den einschlägigen Ausschüssen darüber beraten worden.
Den Inhalt dieser Beratungen konnte niemand verständlich vermitteln.
Den Sinn eines Bebauungsplans für ein Gebiet, das FLÄCHENDECKEND bereits bebaut
ist, noch viel weniger.
Diejenigen, die über die wahren Ziele und den Sinn der
Aktion hätten Auskunft geben können, taten das, was sie in diesen Fällen immer
tun: sie warfen Nebelgranaten. Die Altstadt mache Sorgen, klimperten sie eine
altbekannte Weise auf der Klaviatur der hohlen Phrasen. Es ginge doch nicht an,
dass Ateliers Cafés weichen müssten. Und man könne ja in einem Bebauungsplan
auch einen Veränderungsstopp festschreiben. Um diese fatale Entwicklung zu
verhindern.
Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Dieselben Menschen, die
seit 10 Jahren alles, aber auch wirklich alles unternehmen, die Altstadt für
Gewerbetreibende unattraktiv zu machen und Millionen von Euro an Steuergeldern verbrennen,
um intakte Pflaster herauszureißen und durch hochgradig verschmutzungsempfindliche
zu ersetzen, sinnfreie, rostige Orientierungs- und Informations“kunstwerke“ zu
errichten, um möglichst viele Menschen in Richtung eines abgelegenen, privaten
Einkaufstempels zu treiben, der nun noch viel größer werden soll, genau
dieselben Menschen verdrücken nun darüber Krokodilstränen, dass es mit der
Altstadt bergab geht!
Was kann man da tun? Vielleicht Maßnahmen beschließen, um den
Gewerbetreibenden und Hausbesitzern der Altstadt zu helfen, ihre Geschäfte
profitabel zu betreiben bzw. attraktiv zu vermieten?
Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Hausbesitzer der
Altstadt sollen mit einem Bebauungsplan schikaniert und in der sinnvollen Nutzung
ihres Eigentum beschnitten werden.
Es geht nicht darum, irgendetwas für die Bürger der Altstadt
zu tun.
Es geht mal wieder um Machtdemonstrationen.
40 Jahre lang hatte die Stadt Limburg ihren dicken,
klebrigen Daumen auf allem, was in der Altstadt in Sachen Bau und Restaurierung
vor sich ging. Denn diese war ein Sanierungsgebiet, was die Nutzung des
Eigentums an Grund und Boden stark einschränkte und die Kosten für jede
einzelne Maßnahme in die Höhe trieb.
Folgen privatfinanzierter Sanierung |
Das Resultat sieht man heute. Zig Millionen an privaten
Geldern wurden investiert, so dass eine der attraktivsten Fachwerkaltstädte
Deutschlands entstand, während die Stadt Limburg den Förderungsanteil aus den
Sanierungsgeldern in geschmacksbefreiten Betonburgenbau steckte, der heute an
Hochschulen in den Fachbereichen Architektur und Stadtplanung als
Musterbeispiel für Sanierungskatastrophen herangezogen wird.
Dass diejenigen, die mit ihrem Einsatz an Kapital und
Kreativität die Limburger Altstadt zu dem gemacht haben, was sie heute ist, nun
gnadenlos abgezockt werden sollten (und zu einem Teil schon wurden), ist ein
anderes Thema, das noch ausführlich zur Sprache kommen wird.
Aus dem Musterkatalog der Bausünden der 70er Jahre |
Aber diese Form der knebelnden Einflussnahme
städtischerseits ENDET am 31.12.2013.
Danach gibt es das Sanierungsgebiet Altstadt nicht mehr –
und damit jede Möglichkeit städtischer Einflussnahme jenseits des allgemeinen
Baurechts.
Nur darum geht es bei diesem hastigen Beschluss, den die
gewählten Bürgervertreter trotz reichlich Stirnrunzeln dann fassten.
Die Stadt Limburg will ihren dicken, klebrigen Daumen weiter
auf fremdem Eigentum belassen und braucht dazu ein neues, rechtliches
Instrument.
Dass die bösen, bösen Bürger und Hauseigentümer der Altstadt
es gewagt hatten, den selbstgerechten Herrschern eine mehr als peinliche
Niederlage zuzufügen, indem sie sie gezwungen haben, ihre absurde Kehrsatzung
(genau, die, die über Nacht auf dem Tisch des Bürgermeisters landete und keiner
wusste, wo sie herkam…) außer Kraft zu setzen, dürfte zu dem Beschluss massiv
beigetragen haben.
Einsicht darin, Schwachsinn im Quadrat produziert zu haben,
besteht keine. Als Topmeldung aus Absurdistan dürfte der Wortbeitrag des
üblichen Verdächtigen in die Annalen eingehen, der konstatierte, die
Kehrsatzung sei völlig richtig gewesen. Ihr einziger Fehler sei nur gewesen,
dass sie falsch gewesen sei…
Nun steht dem gemeinen Insassen des Altstadtzoos also der
nächste Angriff ins Haus.
Ein Bebauungsplan.
Es war zu erwarten. Das Imperium schlägt zurück. Gnadenlos.
Ob die gewählten Bürgervertreter, die von Bürgermeister und
Magistrat offenbar nur als lästiges, gleichwohl willfähriges Stimmvieh
betrachtet werden, es wohl dieses Mal fertigbringen, das, was sie dann
beschließen, vorher zu lesen?
Und sich Gedanken darüber zu machen, ob es denn irgendeinen
Sinn ergibt? Und was die tatsächlichen Ziele sind?
Wir werden sehen, beobachten und berichten…
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