Mittwoch, 22. Mai 2013

Ein Bebauungsplan für ein bebautes Gebiet




Der neueste Geniestreich Limburger Hinterzimmerpolitik

Es scheint kaum eine Beschäftigung in Limburg zu geben, bei der man mit mehr Überraschungen rechnen muss, als städtischer Parlamentarier. Allem Anschein nach landen immer wieder Papiere und Beschlussvorlagen auf den Schreibtischen der Stadtverordneten, deren Sinn sich einem normal denkenden Menschen auch nach mehrfachem Studium nicht erschließt.
Das hat durchaus Methode. Die Parlamentarier sollen ja nicht lesen oder gar verstehen. Sie sollen zustimmen. Fragen sind da nur lästig.
Der Ursprung des Schrifttums ist in der Regel immer derselbe: Es kommt aus dem Rathaus. Aber dort weiß offenbar nie jemand, wie diese Papiere zustande kommen und wer persönlich sie verfasst hat. So muss Ende letzten Jahres z. B. die Kehrsatzung kurz vor Weihnachten von Heinzelmännchen über Nacht in Blei gegossen worden und auf dem Tisch des Bürgermeisters abgelegt worden sein. Denn WER für diesen epochalen Schildbürgerstreich sorgte, konnte, Wunder über Wunder, im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden.
Nun ist es wieder so weit.
Gelungene Integration historischer und neuerer Baukunst
Das Stadtparlament möge beschließen, erfuhr es, dass es den Magistrat beauftragen soll, einen Bebauungsplan für die Altstadt aufzustellen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sei, unbestätigten Gerüchten zufolge, in den einschlägigen Ausschüssen darüber beraten worden.
Den Inhalt dieser Beratungen konnte niemand verständlich vermitteln. Den Sinn eines Bebauungsplans für ein Gebiet, das FLÄCHENDECKEND bereits bebaut ist, noch viel weniger.
Diejenigen, die über die wahren Ziele und den Sinn der Aktion hätten Auskunft geben können, taten das, was sie in diesen Fällen immer tun: sie warfen Nebelgranaten. Die Altstadt mache Sorgen, klimperten sie eine altbekannte Weise auf der Klaviatur der hohlen Phrasen. Es ginge doch nicht an, dass Ateliers Cafés weichen müssten. Und man könne ja in einem Bebauungsplan auch einen Veränderungsstopp festschreiben. Um diese fatale Entwicklung zu verhindern.
Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Dieselben Menschen, die seit 10 Jahren alles, aber auch wirklich alles unternehmen, die Altstadt für Gewerbetreibende unattraktiv zu machen und Millionen von Euro an Steuergeldern verbrennen, um intakte Pflaster herauszureißen und durch hochgradig verschmutzungsempfindliche zu ersetzen, sinnfreie, rostige Orientierungs- und Informations“kunstwerke“ zu errichten, um möglichst viele Menschen in Richtung eines abgelegenen, privaten Einkaufstempels zu treiben, der nun noch viel größer werden soll, genau dieselben Menschen verdrücken nun darüber Krokodilstränen, dass es mit der Altstadt bergab geht!
Was kann man da tun? Vielleicht Maßnahmen beschließen, um den Gewerbetreibenden und Hausbesitzern der Altstadt zu helfen, ihre Geschäfte profitabel zu betreiben bzw. attraktiv zu vermieten?
Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Hausbesitzer der Altstadt sollen mit einem Bebauungsplan schikaniert und in der sinnvollen Nutzung ihres Eigentum beschnitten werden.
Es geht nicht darum, irgendetwas für die Bürger der Altstadt zu tun.
Es geht mal wieder um Machtdemonstrationen.
40 Jahre lang hatte die Stadt Limburg ihren dicken, klebrigen Daumen auf allem, was in der Altstadt in Sachen Bau und Restaurierung vor sich ging. Denn diese war ein Sanierungsgebiet, was die Nutzung des Eigentums an Grund und Boden stark einschränkte und die Kosten für jede einzelne Maßnahme in die Höhe trieb.
Folgen privatfinanzierter Sanierung
Das Resultat sieht man heute. Zig Millionen an privaten Geldern wurden investiert, so dass eine der attraktivsten Fachwerkaltstädte Deutschlands entstand, während die Stadt Limburg den Förderungsanteil aus den Sanierungsgeldern in geschmacksbefreiten Betonburgenbau steckte, der heute an Hochschulen in den Fachbereichen Architektur und Stadtplanung als Musterbeispiel für Sanierungskatastrophen herangezogen wird.
Dass diejenigen, die mit ihrem Einsatz an Kapital und Kreativität die Limburger Altstadt zu dem gemacht haben, was sie heute ist, nun gnadenlos abgezockt werden sollten (und zu einem Teil schon wurden), ist ein anderes Thema, das noch ausführlich zur Sprache kommen wird.
Aus dem Musterkatalog der Bausünden der 70er Jahre
Aber diese Form der knebelnden Einflussnahme städtischerseits ENDET am 31.12.2013.
Danach gibt es das Sanierungsgebiet Altstadt nicht mehr – und damit jede Möglichkeit städtischer Einflussnahme jenseits des allgemeinen Baurechts.
Nur darum geht es bei diesem hastigen Beschluss, den die gewählten Bürgervertreter trotz reichlich Stirnrunzeln dann fassten.
Die Stadt Limburg will ihren dicken, klebrigen Daumen weiter auf fremdem Eigentum belassen und braucht dazu ein neues, rechtliches Instrument.
Dass die bösen, bösen Bürger und Hauseigentümer der Altstadt es gewagt hatten, den selbstgerechten Herrschern eine mehr als peinliche Niederlage zuzufügen, indem sie sie gezwungen haben, ihre absurde Kehrsatzung (genau, die, die über Nacht auf dem Tisch des Bürgermeisters landete und keiner wusste, wo sie herkam…) außer Kraft zu setzen, dürfte zu dem Beschluss massiv beigetragen haben.
Einsicht darin, Schwachsinn im Quadrat produziert zu haben, besteht keine. Als Topmeldung aus Absurdistan dürfte der Wortbeitrag des üblichen Verdächtigen in die Annalen eingehen, der konstatierte, die Kehrsatzung sei völlig richtig gewesen. Ihr einziger Fehler sei nur gewesen, dass sie falsch gewesen sei…
Nun steht dem gemeinen Insassen des Altstadtzoos also der nächste Angriff ins Haus.
Ein Bebauungsplan.
Es war zu erwarten. Das Imperium schlägt zurück. Gnadenlos.
Ob die gewählten Bürgervertreter, die von Bürgermeister und Magistrat offenbar nur als lästiges, gleichwohl willfähriges Stimmvieh betrachtet werden, es wohl dieses Mal fertigbringen, das, was sie dann beschließen, vorher zu lesen?
Und sich Gedanken darüber zu machen, ob es denn irgendeinen Sinn ergibt? Und was die tatsächlichen Ziele sind?
Wir werden sehen, beobachten und berichten…

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