Sonntag, 12. April 2015

Die Desinformations-Stelen



Limburg an sich ist grau. Das zumindest ist der Eindruck, wenn man sich einer der „Info-Ste(h)len“ bedient, die schon mehrfach hier Thema waren. Besonders attraktiv oder gar kontrastreich ist die Seite nicht, die sich auf dem Wisch-und-weg-Monitor präsentiert – was der Lesbarkeit bei Tageslicht nicht wirklich entgegenkommt.
Aber das ist nur eins von diversen Problemen mit diesen Gerätschaften und deren Behausung.
Bei Recherchen im Netz bin ich auf neue Merk- und Denkwürdigkeiten gestoßen, die ich der Öffentlichkeit nicht vorenthalten möchte.
Hier kriegen Sie geholfen. Oder?
Vergangenen Sommer präsentierte sich unser aller BM seinem Hofberichterstatter vor einem der Geräte. Dabei erwähnte er, dass zwei weitere dieser Rostmanufakturen errichtet werden sollten. Eine am Rathaus. Und eine an der STADTHALLE.
Letztere hat sich dann offenbar auf Wanderschaft begeben und soll sich nun vor der WerkSTADT einfinden – ohne dass dies zu irgendeinem Zeitpunkt irgendeinem entscheidungsbefugten Gremium auch nur mitgeteilt worden wäre.
Bezüglich dieser WerkSTADT-Werbesäule wurde der noch Amtierende übrigens (mit Bezug auf meinen Bericht) gefragt, ob es wahr sei, dass diese Säule dem Betreiber des Einkaufsparadieses auf Kosten der Allgemeinheit zur gefälligen Nutzung praktisch teilübereignet werden solle. Er verweigerte mit Ausflüchten jede konkrete Antwort, was allgemein als eine Bestätigung auf Bürgermeister-Art betrachtet wird. Meine Darstellung entspricht also den Tatsachen.
Überrascht wurde ich während meiner Recherchen zu den Stelen davon, dass ich den Inhalt dieser im Netz finden konnte. Es war mir völlig neu, dass man das, was dort auf den Monitoren zu sehen ist, auch vom heimischen Computer aus betrachten und bedienen kann!
Wo Dom?
In besagtem Bejubelartikel fand ich dann jedoch einen kleinen Nachsatz, in dem dieser Umstand erwähnt wurde. Der Mensch des 21. Jahrhunderts könnte veranlasst sein, sich bei dieser Nachricht irritiert am Kopf zu kratzen. Mindestens 80% der Humanoiden, die in Limburg herumlaufen, Tourist oder nicht, besitzen ein Smartphone. Wozu in aller Welt sollen diese nun an den Info-Stelen herumfummeln, wenn sie genau dieselbe Seite auf ihrem eigenen Phon erreichen können?!
Es hätten also Info-Tafeln mit der sehr einfachen Web-Adresse info.limburg.de gereicht, um Besucher auf diese Seite hinzuweisen. Oder noch einfacher, mit einem sogenannten QR-Code zum Scannen könnten sie die besagte LM-Touristeninformationsseite DIREKT aufrufen!
"Schweißnix"
Sicher, nun könnte man als „Argument“ ins Feld führen, dass gerade die Älteren unter den älteren Touristen nicht über so moderne Gerätschaft verfügen oder sie nicht bedienen können.
Für diese sollen die Infostelen doch eigentlich sein.
Oder?
Nun…
Ja…
Gut…
Machen wir doch mal das Experiment. Versetzen wir uns in die Rolle eines völlig unbedarften und unvorbereiteten Limburg-Besuchers, den man in unserer schönen Stadt ausgesetzt hat.
Ich stehe am Rathaus, das äußerst Unwahrscheinliche ist eingetreten und ich habe die Info-Stele entdeckt, identifiziert, der Monitor ist online, die Sonne schein NICHT gerade darauf, so dass ich etwas lesen kann, und jetzt stelle ich die Frage aller Fragen aller Limburg-Touristen: „Wo geht’s denn zum Dom?“
Das Angebot an Schaltflächen auf dem Monitor ist ja eher übersichtlich und ich finde rasch den Button: Sehenswürdigkeiten. Draufgedrückt und… ich bekomme einen Stadtplan von Google-Maps. Sonst nichts. Auf dem Stadtplan gibt es ein paar Handvoll nummerierter Pins. Nummeriert. Nicht beschriftet. Kein Dom in Sicht. Wäre ich auf einer normalen Maps-Seite, könnte ich jetzt wenigstens in das Suchfeld eingeben: Dom. Geht hier aber nicht. Denn es gibt das Suchfeld nicht. Es bleibt mir also nur übrig, nacheinander auf die zwanzig spermienartigen Marker zu drücken, um zu schauen, was sich dahinter verbirgt. Irgendwann erscheint dann tatsächlich ein Fensterchen mit einem Bild des Doms. Aha. Da ist der also!
Dann wollen wir doch mal…
Ähm…
Ja…
Also…
Die Frage war eigentlich nicht: „Wo ist der Dom?“. Sondern: „Wie komme ich da hin?“ Frau Säule zuckt die rostigen Achseln. Sie verrät mir auch NICHT, wo sie selbst steht und damit, wo ICH mich gerade befinde! Dann könnte ich mich als Kartenlesekundiger wenigstens halbwegs orientiert auf den Weg machen. Aber nichts da. Es gibt absolut KEINE Möglichkeit, über die „Informationen“ in dem Menü herauszufinden, wie ich die betreffenden Sehenswürdigkeiten erreiche. Ende von Dom.
Da Dom?
Ich muss jemanden fragen.
Oder habe ich etwas übersehen? Vielleicht hilft mir ja der Stadtplan weiter, denke ich als Tourist und drücke den entsprechenden Button. April, April. Ich bin auf genau derselben Karte wie unter Sehenswürdigkeiten! 6 Schaltflächen, von denen zwei denselben Inhalt haben. Das erscheint… sinnvoll?
Spätestens jetzt würde ich aufgeben.
Ich bin aber heute als Tourist geduldig und vor allem erstmal hungrig. Also will ich vor meiner Seelenrettung im Dom, zu dem ich mich durchfragen werde, etwas essen. Da bietet mir die Info-Stele jede Hilfe an. Gierig befingere ich das Feld „Gastronomie“. Ich würde gerne etwas Griechisches essen. Mein Problem. Denn es gibt auch hier keinerlei Möglichkeiten, Suchbegriffe einzugeben. Ich muss mich Wisch für Wisch durch eine alphabetische Sortierung hangeln, um irgendwann festzustellen, griechisch essen ist nicht. Ergeben wähle ich einen der vielen Italiener und tippe ihn an. Es erscheint: Der Name der Gaststätte. Die Adresse. Und…
Ähm…
Gut…
Also…
Stadtplan. Dort könnte ich… Nein, kann ich nicht. Ich kann nicht die gesuchte Straße einfach eingeben. Das hatte ich bei der Dom-Fahndung ja schon festgestellt. Es erscheint auch kein Marker auf dem Plan, der mir anzeigt, wo ich meine Pizza kriege. Ich muss mich durch alle Straßennamen lesen, bis ich vielleicht den richtigen finde.
Oder ich wende mich an… irgendeinen Passanten.
Bin ich so verwegen und gedenke, die Nacht in LM zu verbringen, geht es mir noch schlechter. Denn ein Teil der angegebenen Hotels und Gästehäuser liegt AUSSERHALB des als Startbild angezeigten Bereichs von Limburg und ich müsste mich durch noch viel mehr Straßennamen in allen Himmelsrichtung kämpfen, um das ersehnte Bett zu finden.
Spätestens jetzt wäre der Zeitpunkt da, an dem mir radikale Gedanken im Zusammenhang mit einer Axt und einem großen Touchscreen-Monitor kämen.
Zusammenfassend ist zu sagen: Je mehr man sich mit dem Thema Info-Stelen befasst, desto grotesker wird es.
Der Sinn dieser Geldverschwendung von einer halben Million erschließt sich sowieso schon nicht. Doch wenn man sich anschaut, WAS an Informationen geboten wird und WIE diese präsentiert werden, galoppiert man Richtung Absurdistan.
Die Info-Stelen sind eine Schande für das Stadtbild und sie sind zu 100% für die Zwecke, für die sie angeblich angeschafft wurden, UNBRAUCHBAR. Die Programmierung berücksichtigt mit keinem einzigen Schritt die Bedürfnisse der designierten Anwender!
Das Menü der Stelen-Monitore sieht nicht nur aus, wie das groteske „Ratsinformationssystem“, es „funktioniert“ auch genauso! In allerbester Tradition Limburger Öffentlichkeitsarbeit werden hier alle relevanten Angaben nicht präsentiert, sondern so tief wie nur möglich vergraben, sodass sie nur unter exzessivem Aufwand und Durchhaltevermögen zu finden sind.
Vielleicht.
Die Limburger Info-Stelen: Ein Monument kommunaler Desinformation.
In absolut jeder Hinsicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen