Innenstädte
veröden, Quartiere verkommen und verdrecken, Läden stehen leer, Grünanlagen
werden zu Mülldeponien: Das ist das deprimierende Bild, das die Stadtteile
vieler Kommunen bieten. Nicht zuletzt der grassierende Mall-Wahn der letzten 20
Jahre, bei dem jede Stadt unbedingt ein Mega-Einkaufszentrum mit 150 Läden
errichten musste, hat dazu geführt, dass früher intakte Plätze und Straßenzüge
praktisch abgestorben sind.
Mitten drin - und doch am Rand. |
Das
Land Hessen hat ein geniales Programm aufgelegt, mit dessen Hilfe betroffene
Städte dem entgegensteuern können. Doch es geht nicht darum, Gelder im
Gießkannenprinzip zu verteilen, um irgendwelche von oben herab verordneten
Baumaßnahmen zu subventionieren.
Die
Programmgestalter haben ihre Hausaufgaben nämlich hervorragend erledigt und haben
sich bei ihrer Konzeption auch mit den Höhen und Tiefen des menschlichen Wesens
befasst. Zentrale Erkenntnis war, dass nur dann etwas eine Aussicht auf Dauer
hat, wenn möglichst viele Menschen sich damit identifizieren, sich dafür
einsetzen und sich selbst darum kümmern, dass es weiter besteht und nicht ge-
oder zerstört wird.
In
Bezug auf Stadtplanung bedeutet das: Je mehr Bürger an der Gestaltung ihrer
unmittelbaren Umgebung beteiligt sind, desto mehr werden sie diese als IHRE
betrachten und für sie sorgen.
Daher
ist die Bezuschussung von Projekten aus dem Programm Aktive Kernbereiche Hessen
an ganz klare Vorgaben geknüpft. Nicht die Politik bestimmt, was wie und wo
getan wird, sondern die Menschen. Das Stichwort ist dabei:
Lokale Partnerschaften
Ein zentrales Kennzeichen des Programmes
Aktive Kernbereiche in Hessen ist die Programmvorbereitung und -umsetzung in
öffentlich-privater Partnerschaft. Durch eine intensive Einbindung und
Vernetzung der örtlichen Akteure sollen die unterschiedlichen Interessen
koordiniert, Eigeninitiative der Privaten geweckt und unterstützt sowie die
lokalen Ressourcen gebündelt werden. Im Sinne eines urban-governance-Ansatzes
sollen alle Akteure der Stadt- und Ortsteilzentren, zum Beispiel Unternehmer,
Grundstücks- und Immobilieneigentümer, Bewohner, Vertreter von Kultur- und
Sozialeinrichtungen, gemeinsam mit der Verwaltung Konzepte und Projekte zur
Stärkung der Zentren entwickeln und realisieren. In den Programmgebieten sind
dazu operative „Lokale Partnerschaften“ zu gründen, die sich aus Vertretern von
Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft zusammensetzen. Sie haben die
Aufgabe, die Programmumsetzung zu steuern.
Die
Botschaft ist klar und unmissverständlich: Im Mittelpunkt stehen die gemeinsamen Interessen von Politik,
Wirtschaft und Bürgern. Diese sollen sie mit dem Landesgeld gemeinsam und verantwortungsvoll umsetzen.
Als
die Kunde vom Programm Aktive Kernbereiche Hessen Limburg erreichte, verstand
man von alldem nur eins: GELD.
Sonst
NICHTS.
In
Limburg kommt nach den Vorstellungen der politischen Führung und weiter Teile der
Verwaltung der Bürger als Partner
absolut nicht in Betracht. Vielmehr ist er der Feind, den es in erster Linie zu
bekämpfen und von allem auszuschließen gilt.
Autos oder Nichtautos |
Bei
den bisherigen Maßnahmen in der Innenstadt, die zum Großteil aus dem Programm
Aktive Kernbereiche finanziert wurden, hatten die Bewohner der betroffenen
Bereiche keinerlei Mitspracherecht.
Im
Jahr 2009 gab es einen „Workshop“ und 2011 ein „Werkstattgespräch“. Danach nur
noch reine „Informationsveranstaltungen“ auf denen jeweils kleine Teile dessen
offenbart wurden, was von der Politik beschlossen wurde.
Von
der Lokalen Partnerschaft waren die Bürger völlig ausgeschlossen!
Auf
eine geradezu dreiste Weise verfälscht der Magistrat der Stadt Limburg in
seinem Bericht zum Programm aktive Kernbereiche die elementare Zielsetzung.
Wörtlich
heißt es hier:
Die Lokale Partnerschaft setzt sich aus
örtlichen Akteuren zusammen. Durch deren Einbindung können unterschiedliche
Interessen besser koordiniert, Eigeninitiative der Privaten geweckt und
unterstützt sowie lokale Ressourcen gebündelt werden. So sind Unternehmen,
Vereine und die Eigentümer von Immobilien einbezogen.
Aus
dem zwingenden SOLL wird in Limburg ein KANN, alle in der Landeskonzeption
aufgeführten Bürgergruppen werden kurzerhand gestrichen und der alles entscheidende
Satz fällt ganz unter den Tisch:
Sie (die Gruppen der Lokalen
Partnerschaft) haben die Aufgabe, die
Programmumsetzung zu steuern.
In
Limburg hingegen war und ist die Lokale Partnerschaft nicht Keimzelle und Motor
des Programms, sondern alibiweise installierter Abnickverein, der seit 2009
gerade 15-mal zusammentraf, ohne dass den Auserwählten irgend eine
Entscheidungsbefugnis zugestanden wurde.
Und
wie kann man drei „Bauabschnitte“ betreuen und die Programmumsetzung steuern,
wenn man gerade anderthalb Mal im Jahr zusammenkommt?
Die
betreffende Elitegruppe soll darüber hinaus für alle örtlichen Bereiche zuständig
sein, unabhängig davon, ob die Mitglieder überhaupt die geforderten
Voraussetzungen erfüllen!
Der
Neumarkt ist der letzte Abschnitt, dem nun Ungemach droht. Selbst wenn der Lokalen
Partnerschaft die Rolle zugestanden würde, die das Land Hessen zwingend fordert,
würde dies dem Neumarkt nicht zu Gute kommen.
Von einigen erwünscht: Ödnis |
Die
Zusammensetzung des 18-köpfige Alibigremium ist nämlich mehr als abenteuerlich.
Der
Altstadtkreis, der mit der Neustadt absolut nichts zu tun hat, hat gleich zwei
Sitze.
Dazu
ist ein Unternehmer Mitglied, dessen geschäftliches Interesse weit außerhalb
der betroffenen Bereiche liegt und dessen oberstes Ziel erwiesenermaßen in der
SCHWÄCHUNG des Kernbereichs liegt.
Ein
Geschäftsinhaber hat sein Unternehmen in der Werner-Senger-Straße.
Der
Geschäftsführer eines Kaufhauses am gleichen Ort ist im Gremium.
Damit
reduziert sich die Zahl der relevanten Mitglieder schon auf 13.
Von
diesen 13 sind 7 (sieben) in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Verwaltung
oder politischer Gremien in der Lokalen Partnerschaft, also Partei der Lokalpolitik.
Von
den verbliebenen sechs gehören gleich 3 (drei) Mitglieder einer einzigen
Organisation (City-Ring) an.
Es
bleiben also drei Menschen von 18.
Einer
ist ein Geschäftsinhaber am Rande des Neumarkts, dessen Interessen aber bereits
durch seinen Geschäftsführer im City-Ring vertreten sind, einer
Immobilienbesitzer mit Liegenschaft an einem unbekannten Ort und ein Immobilienverwalter für ein Anwesen am Neumarkt.
In
der Limburger Lokalen Partnerschaft sind die Betroffenen vom Neumarkt also mit
viel gutem Willen mit gerade einmal zwei Stimmen vertreten.
In
einem Gremium, dem in grober Missachtung aller Richtlinien alle wesentlichen
Entscheidungsbefugnisse vorenthalten werden.
Keinerlei
Gehör finden bei den Plänen für den Neumarkt Anwohner, Gastwirte, Ärzte und Therapeuten
mit Praxen dort, Patienten, Kulturelle Vereinigungen und Organisationen,
konfessionelle Gruppen oder Vereine aus dem reichen Spektrum des lokalen
Lebens. Schülervertreter der angrenzenden Schule sind genauso ausgeschlossen wie
Marktbeschicker und Veranstalter, die den Neumarkt für periodische Events
nutzen.
Ist
es da ein Wunder, wenn urplötzlich ein „autofreier Neumarkt“ vom Himmel fällt
und als beschlossene Sache verkauft wird, gegen die kein Widerstand mehr
möglich ist?
Für
die Grabenstraße ist es wohl zu spät, noch etwas zu erreichen.
Hier
können maximal noch Details variierte werden.
Aber
die Opfer vom Neumarkt haben noch eine Chance. Sie müssen sich nur
organisieren, die Stimme erheben und ihre verbrieften Rechte einfordern.
Die
Macher des Programms Aktive Kernbereiche Hessen ahnen nichts von den absurden
Verhältnissen in Limburg. Dort muss man alles glauben, was die Verantwortlichen
der Stadt erzählen. In Wiesbaden bekommt niemand mit, was wirklich geschieht.
Wenn von Bürgerbeteiligung und Lokaler Partnerschaft geredet wird, dann ist das
Land Hessen zufrieden. Überprüft werden die Behauptungen nicht.
Falls
es gelingt, in Wiesbaden in großer Zahl und mit einer Stimme sprechend
vorstellig zu werden, besteht noch eine Möglichkeit, dass das Programm Aktive
Kernbereiche Hessen wenigstens für den Neumarkt genauso genutzt und umgesetzt
wird, wie vorgesehen.
Es
wäre am Ende in Limburg dann zwar nur in einem von vier Fällen gelungen. Doch
der Neumarkt würde mit Abstand am meisten darunter leiden, wenn die Machthaber
ihn zugunsten eines Einzelnen und seiner Unternehmung hinter dem Bahnhof noch
weiter in die Bedeutungslosigkeit treten dürften.
Das
Land Hessen stellt Geld zur Verfügung, damit die Betroffenen etwas für sich
selbst tun können. Die Stadt Limburg greift es sich – und missbraucht es für
Maßnahmen GEGEN die Interessen derer, denen es nützen soll.
Limburg,
das ist wieder einmal Politik pervers. Wo sonst kann es geschehen, dass ein
großartiges Programm, das für die Bürger, ihre Lebensqualität und ihre
Identifikation mit ihrem Quartier gedacht ist, ins genaue Gegenteil verkehrt
wird?
Wer
sich darüber informieren möchte, was WIRKLICH hinter dem Programm Aktive
Kernbereiche Hessen steht, kann dies hier tun: http://aktive.kernbereiche-hessen.de/profil-des-programms
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