Mittwoch, 12. Juni 2013

Ein Schloss für die Kirche



Es sollte eine Informationsveranstaltung zur Sanierung des Limburger Schlosses werden, was gestern im Sitzungssaal des Rathauses stattfand, organisiert für die Bürger der Stadt, bei der die Verantwortlichen berichten sollten. Doch bereits die Bezeichnung „Sanierung“ erwies sich als Etikettenschwindel. Der Begriff benennt gemeinhin die Instandsetzung, Reparatur oder auch Modernisierung, in diesem Fall eines Bauwerks. Also die Arbeiten, die erforderlich sind, damit es nicht hineinregnet, die Heizung funktioniert, Wasserhähne nicht tropfen und Sicherungen drin bleiben. Mehr nicht.
Was gestern jedoch mit quietschbunten, auf eine Leinwand projizierten Grundrissen präsentiert wurde, war kein Sanierungsplan, sondern ein geradezu gigantomanisches Umbau-Vorhaben. 
Dieses teilt sich in drei Abschnitte, nämlich „zuerst“, „denkbar“ und „eventuell“.
Schlossbezahler
Zunächst werden alle Räume umgebaut bzw. errichtet, die nach der Planung „für die Chöre“ gedacht sind. Diese Gestaltung umfasst kleine und große Proberäume für Domchor, Domsingknaben, auswärtige Chöre, Stimmbildung, Aufenthaltsräume, Sanitärräume, Sozialräume, Einzelateliers und jede Menge Erschließungsarbeiten wie Treppen- und Zugangsneubauten. Dazu kommt, dass für die Nutzungen, die „den Chören“ weichen müssen, ebenfalls Umbauten vorgenommen werden müssen, die jedoch in direktem, ursächlichen Zusammenhang mit dem Bedarf „der Chöre“ stehen.
Erst danach ist es "denkbar", im Renaissance-Bau die Bereiche, die nicht von den Chören okkupiert wurden, als vermietbare Festräume herzurichten, mit erheblichen Beschränkungen wie dem völligen Mangel an einer Küche, was Festivitäten nur mit Catering ermöglicht. Denkbare Festivitäten.
"Eventuell" wird es dann irgendwann Nutzungen bis heute unbekannter Art für die restlichen Räume wie die alte Kapelle sowie die Scheune geben.
Aus gutem Grund wurden keine Pläne präsentiert, aus denen hervorgeht, wie die aktuelle Belegung des Schlosses aussieht. Dann wäre nämlich auch dem Unbefangensten aufgefallen, dass sich die Räume, die „den Chören“ zur Verfügung gestellt werden sollen, von der Fläche her locker vervierfachen werden. Diesem exzessiven Raumbedarf wird in der Planung alles untergeordnet. Das Stadtarchiv muss zum Teil weichen und in Räume ziehen, die seit Jahrzehnten vom Centro Italiano genutzt werden, das wiederum in die ehemalige Zehntscheune vertrieben wird und dort auch den Anteil an Quadratmetern der Portugiesischen Gemeinde erhalten soll, die wiederum in einen Ortsteil ausquartiert werden soll. 
Am Ende der Maßnahmen aus Abschnitt 1, der Rubrik „zuerst“ werden ca 2/3 der Flächen dem Bistum zur Verfügung stehen.
Die Kosten für das Mammutwerk? 
So etwa 5 Millionen. Vielleicht. Genaues weiß man erst später. Hinterher. 
Kosten bisher? 
1,2 Millionen. Herkunft der Summe? Von Bürgern erpresstes Geld aus vorzeitig erhobener Sanierungsabgabe  sowie Landeszuschüsse. Anteil aus dem Haushalt der Stadt Limburg: 0,00 €. Beteiligung des Bistums an den Baukosten: 0,00 €.
Planungen für 2014? 
Gelder der Bürger aus erhobener Sanierungsabgabe sowie Landeszuschüsse. Anteil aus dem Haushalt der Stadt? 0,00€. Beteiligung des Bistums? 0,00 €.
Planungen für 2015? 
Nichts Genaues weiß man nicht. Nur, dass es kein Landesgeld mehr geben wird. Das bedeutet, dass die Stadt Limburg ein gigantisches Bauvorhaben begonnen hat, ohne zu wissen, wann und wie sie es überhaupt finanzieren kann. Es wurde nur sichergestellt, dass ALLE Maßnahmen, die zuerst erfolgen, ausschließlich den Belangen der Kirche zu gute kommen werden. Die Finanzierung weiterer Umbaumaßnahmen, die für die Bürger zur Verfügung stehende Räume zum Resultat hätten, ist so ungewiss, dass man davon ausgehen muss, dass sie nie erfolgen werden. Zur gegebenen Zeit wird man städtischerseits bedauernd die Schultern heben und sagen, dass kein Geld für so etwas da ist. Leider.
Das Millionengrab
Was am vergangenen Dienstag ablief, war wieder einmal eine Desinformationsveranstaltung nach bekanntem Limburger Vorbild, bei der es in erster Linie darum ging, die zentralen Informationen zu einer Sache nicht zu übermitteln, sondern unter einem Berg von "Fakten" zu vergraben.
Der Bürgermeister wiederholte mehrfach, dass es Bestrebungen gäbe und durchaus Signale von Seiten des Bistums, dass man bereit sei, eine „Kostenmiete“ für die Räume zu zahlen. Also eine Sozialmiete, die gerade einmal die unmittelbaren Betriebs- und Erhaltungskosten (für ein gerade mit Riesenaufwand saniertes Gebäude…) deckt.
Zwischen all den bunten Bildern und Worthülsengewittern des Abends sowie gerne aufgenommenen Debatten über hypothetische, historische sowie zukünftige Verkehrsprobleme der Altstadt, ging die Kernaussage dieser Informationsveranstaltung vollkommen unter und wurde nicht einmal am Rande tangiert.
Die Stadt Limburg baut also jetzt mit Geld, das sie auf eine mehr als dreiste Weise den Bürgern der Altstadt abgepresst hat sowie durch über juristisch fragwürdige Winkelzüge kassierten Förderungsmitteln des Landes ein historisches Gebäude exakt und ausschließlich für die Bedürfnisse der katholischen Kirche um. Mit diesem zukünftigen Hauptnutzer gibt es heute, zwei Jahre nach Beginn der Baumaßnahmen, noch nicht einmal einen verbindlichen Vertrag über die Anmietung nach dem Umbau. Es gibt lediglich „Gespräche“ und vage Absichtserklärungen ohne konkrete Ergebnisse. Einen Nutzen für die Bürger haben diese Maßnahmen nicht.
Chorparadies, zukünftiges
Die ganz große Frage, die darüber schwebt und bislang einfach nicht Thema war, ist jedoch: warum?! Warum soll die Stadt das tun? Warum soll die Stadt MILLIONEN für ausschließliche Belange der Kirche ausgeben? Das Schloss ist sicher ein Ärgernis und eine Belastung in Stein. Die Stadt hat es mehr als ein Jahrzehnt vergammeln lassen und ist nun in der Pflicht, wenigstens dafür zu sorgen, dass es nicht weiter verfällt. Aber MEHR auch nicht!
Keinem Verein Limburgs wird ein Prachtbau hingestellt, wie er ihn sich wünscht. Es gibt noch ganz andere Chöre in der Stadt, teils mit eindrucksvoller Tradition, denen keine Proberäume in vorauseilendem Gehorsam errichtet werden.
Wenn das Bistum Limburg der Ansicht ist, seine eigenen Sangesgruppen bräuchten dringend und unbedingt Luxusunterkünfte und Anlagen, dann steht es ihm frei, ihnen diese zu verschaffen. Doch hier wird einfach vorausgesetzt, dass JEDER Bürger für die Finanzierung dieser hochtrabenden Wünsche bluten muss!
Die Lösung aller Probleme wäre eine ganz einfache. 
Die Stadt ist mehr als widerwillig im Besitz des Schlosses.
Das Schloss liegt direkt hinter dem Dom. 
Die Kirche will das Schloss in Zukunft nahezu ausschließlich nutzen. 
Dann steht es der Stadt Limburg doch frei, dem Bistum das gesamte Schloss zu VERKAUFEN. Es hätte mit Sicherheit niemand etwas gegen einen Kaufpreis von 1,-- € einzuwenden. Falls das Stadtarchiv unbedingt dort bleiben muss (Akten LIEBEN stilvolle alte Gemäuer...), könnte die Stadt ja auch eine Miete zahlen. Eine Kostenmiete. 
Mit dem ganzen Rest des Schlosses könnte das Bistum tun und lassen, was es will.
Auf SEINE Kosten. Nicht mit dem Geld der Steuerzahler.

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