Samstag, 8. Juni 2013

Von der Stadt verführt oder: Braucht Limburg mehr Touristen?



Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaft und Verkehr tagte. Und er befasste sich mit dem Tourismus. Im Allgemeinen. Teils auch im Besonderen, in Bezug auf Limburger Verhältnisse. Man betrachtete sich die Zahlen der Übernachtungen des vergangenen Jahres und stellte fest, dass nur 30% der Gäste aus touristischen Gründen in Limburg waren. Mehr als 2/3 der Auswärtsschläfer nutzte die Betten geschäftlich. Das bereitet Sorge, hört man nun und die Stadt Limburg müsse sich bemühen, mehr Touristen anzulocken.
Der unbedarfte Beobachter fragt sich jedoch: warum?!
Mehr davon?
Man könnte sich mit den Zahlen befassen und positive Schlüsse daraus ziehen. Doch man verfällt in phantasiefreie Reflexe. 30 % Touristen? Zu wenig! Mehr her! Um jeden Preis. Dabei verlieren die Verantwortlichen leider mal wieder das Wesentliche aus den Augen. Es geht nicht darum, vielleicht liebe, nette, das Straßenbild bereichernde Menschen in die Stadt zu locken, zu deren Erbauung und Freude. Sondern darum, dass sie mit Geld in der Tasche kommen und ohne wieder gehen. Das passiert bei Touristen nur, wenn sie an einem Ort länger bleiben. Der Tagestourist ist mit seinen 25 Euro, die er innerhalb der ehemaligen Stadtmauern ausgibt, als Wirtschaftsfaktor zu vernachlässigen. Also müssen Langzeitgäste her. Die sind nämlich nicht da, wie man augenreibend feststellt. Warum wohl? Weil Limburg eben nur ein Tagesausflugsziel ist. Und das bleibt es, solange es nichts, aber auch absolut nichts hat, das zum längeren Verweilen animiert. Da helfen keine Mitgliedschaften in irgendwelchen Verbänden und keine teure Werbung in Japan. Schon gar keine kurzsichtigen Aktionen und Hifelstellungen für Menschen die bereits in Limburg SIND, wie Info-Wisch-und-weg Säulen oder Handzettel. Das erinnert an die berühmte Aufschrift: Das Brecheisen zum Öffnen der Kiste befindet sind im Inneren. 
Limburg reicht als Urlaubsinhalt 6 bis 8 Stunden. Dann hat man alles gesehen. Geradezu grotesk ist dann die Vorstellung, man könne Menschen mit kostenpflichtigen Apps zu einem langfristigen Besuch animieren. Oder mit Webcams. Schaut her, das gibt es, jetzt habt Ihr es vom Sofa aus schon gesehen… Die einzigen, die von Tagestouristen profitieren, sind die Gastronomen – und denen will die Stadt erklärterweise ja gerade das Wasser abgraben. Wo die Massen  an Menschen, die man zusätzlich anlocken will, dann essen sollen, darüber schweigen sich die Verhinderer und Regulierer allerdings schön aus.
Absteige für Radwanderer?
Wer in dem Ausschuss nicht zu Wort kam, waren interessanterweise die, die von einem Übernachtungsboom etwas hätten, nämlich die Hoteliers. Wieso hat niemand diese Gruppe gefragt, wo sie der Schuh drückt? Dann hätten die weisen Wirtschaftsausschießer vielleicht Erstaunliches gehört. Dem Vernehmen nach liegt die Auslastung der Limburger Hotels nämlich bei 90%! Ein für eine Stadt dieser Größenordnung sensationeller Wert. Das bedeutet auf der einen Seite, dass die anzulockenden Urlauber GAR KEINE BETTEN fänden, auf der anderen, dass da wohl doch etwas mit Limburg ist, das Menschen animiert, hier zu übernachten.
Im Ausschuss wurde es wohl mal am Rande erwähnt – und im Anschluss von den Liebhabern der Rudel von Kameraträgern mit einer verblüffenden Missachtung gestraft. Limburgs ganz große Qualität ist, dass man von dort sehr schnell wieder wegkommt. Aber auch hin. Es liegt nahezu in der Mitte Deutschlands und ist deshalb von einer außerordentlichen Attraktivität für Firmen, die Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen abhalten und eben nicht Berliner oder Frankfurter Preise für Kleingruppen bis 50 Menschen zahlen wollen. Wie man hört, müssen die Limburger Hotels regelmäßig Absagen erteilen, wenn größere Gruppen angefragt werden, weil die Bettenkapazität nicht ausreicht. Und es einen akuten Mangel an ausreichend großen Tagungsräumen gibt!
Urlaub an der alten Lahnbrücke?
Es ist so offensichtlich, dass es kaum zu verstehen ist, wieso niemand in verantwortlicher Stelle die richtigen Schlüsse aus den bekannten Zahlen zieht. Limburgs ganz großes Kapital ist der Standort. Nicht seine Altstadt und sein Dom. Kein Reisender gibt so viel und bereitwillig Geld aus, wie der Geschäftsreisende auf Tagung (und oft Firmenkosten). Also müsste eine intelligente Wirtschaftsförderung doch eigentlich alles daran setzen, die Infrastruktur für diesen Markt zu verbessern. Es gibt in Limburg einen riesigen Bedarf an Hotels, die Tagungen mit mehr als 100 Teilnehmern bewältigen können. Aber was wird getan, das zu ändern? Nichts. Lieber wird Geld mit sinnfreien und kurzsichtigen Maßnahmen zum Fenster hinausgeworfen. Dabei ist der Tisch gedeckt. Limburg IST attraktiv. Man kann dort tagsüber tagen und abends in die wunderschöne Altstadt gehen. Oder an einem freien Nachmittag. DAS wäre eine Botschaft, die in einer Kampagne zu verbreiten wäre. Hätte man genug Betten und Tagungsräume. Wenn Limburg von Übernachtungen profitieren will, dann auf dem Sektor, auf dem es das bereits trotz aller widrigen Umstände und gegen jeden Trend tut. Limburg braucht als Gäste mehr Anzugträger mit flachen Koffern. Nicht noch mehr Kölner Rentner in Sandalensocken, die stolz verkünden, ihr Dom sei größer. Und schöner.

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