Donnerstag, 20. Juni 2013

Limburg - Die Stadt am Park?



Die Niagara-Fälle in Nordamerika sind eine Touristenattraktion. Nur hatten diese für die US-Amerikaner lange Zeit einen gravierenden Nachteil.Von God’s own Countrys Staatsgebiet aus konnte man nur die Hufeisen-Fälle sehen. Um die US-amerikanischen zu erblicken, musste man in dieses seltsame Land jenseits der Grenze reisen: Kanada. Das ging einfach nicht, aber der Amerikaner an sich ist ja bekanntlich mit Beton schnell zur Hand. Also wurde eine gigantische Aussichtsplattform in den See gebaut, mit einem einzigen Zweck: Betrachtung der patriotischen Fälle vom eigenen Territorium aus.
Was das mit Limburg zu tun hat?
Viel. Zu viel eigentlich. Denn geht es nach dem Willen des Bürgermeisters, wird auch Limburg eine Aussichtsplattform bekommen, mitten auf der Lahn, von beachtlicher Größe. Das Einzige was fehlt, sind die Limburger Wasserfälle; da gäbe es höchstens das Wehr und das hört man von der betreffenden Stelle aus nur. Es gibt nichts Interessantes, das man vom avisierten Pontonliegeplatz aus betrachten kann. Verwegene könnten den Nacken verrenken und nach oben starren, vielleicht sehen sie den Dom. Den zu betrachten gibt es aber mehr als genug Perspektiven, die weniger mühsam zu finden sind. Die Enten zu füttern ist verboten, also zu welchem geheimnisvollen Zweck soll nun die besagte Plattform mit der Grundfläche einer Dreizimmerwohnung dienen?
Designierter Pontonhafen
Das fragten diverse Stadtverordnete den nominellen Regenten in der Sitzung des Umweltausschusses (er hat noch mehr Namen, sei aber aus Platzgründen hier einmal darauf reduziert), als dieser „Pläne“ für den „Stadtpark“ vorstellte. Bockig-trotzig und argumentationsresistent, wie man es in der letzten Zeit oft genug erlebt hat, wurden alle Bedenken beiseite gewischt und verkündet, die Plattform werde nunmehr ausgeschrieben. Immerhin hätte die Stadtverordnetenversammlung diese beschlossen. Und das könne man jetzt nicht einfach umwerfen.
Nein. An diesem Abend hat niemand „Kehrsatzung“ gerufen.
Man hatte also beschlossen.
Vor zehn Jahren.
So lange brauchte es, bis nach der Willenserklärung der gewählten Vertreter, „etwas für das Grün an der Lahn zu tun“, endlich eine Art Planung das Rathaus verließ. Zwischenzeitlich gab es eine Alibiveranstaltung, in der die Bürger ihre Wünsche und Bedenken äußern durften (Tenor: So lassen, wie es ist, ein wenig aufräumen, ein paar nette Pflanzen, fertig), die dann geflissentlich und vollständig ignoriert wurden, dann geschah lange, lange, lange gar nichts. Bis nun also der Ausschuss tagte und die „Planungen“ offengelegt wurden.
Die Planungen für den Stadtpark.
Gärtnerisch zu gestalten
Fragt man den Bürger Limburgs, wo denn der Stadtpark sei, wird er in der Regel mit einem überraschten Stirnrunzeln reagieren. „Haben wir so was?“ Nein. Haben wir nicht. Zumindest nicht, wenn man die Definition des kostenlosen Alleswisser-Lexikons des Internets heranzieht. Wikipedia meint zum Thema:
Park (von mlat. parricus „Gehege“; mehrzahl Parks in Deutschland und Österreich, Pärke in der Schweiz) bezeichnet nach den Regeln der Gartenkunst gestaltete größere Grünflächen, die der Verschönerung und der Erholung dienen.
Vollständige Erneuerung erforderlich
Von Gartenkunst ist an der Lahn nichts zu sehen. Aus einem ganz einfachen Grund. Es gibt dort nichts, was man gestalten könnte. Der Stadtpark Limburg besteht aus einem schmalen Streifen Land, der sich am Ufer der Lahn erstreckt und der für irgendwelche gartenbaulichen Aktivitäten nicht mehr geeignet ist, als ein etwas überdimensionierter Blumenkübel. Ein Pflanzkasten, der an der Nordseite des Hauses hängt. Der „Stadtpark“ ist nicht mehr, als der Grünstreifen einer velocipedalen Rennstrecke. Der Lahnuferweg gehört zu einem exzessiv befahrenen und bewanderten Wegenetz, auf dem im Sommer permanent ein Kampf der Kulturen stattfindet. Hier tobt das Leben und in teils hitzigen Gefechten ziehen Stockstelzen („Nordic Walking) gegen bunte Extrembiker gegen dauerklingelnde, hollandradbewaffnete Ausflugsrentnerinnenschwärme gegen Hundanderauszugsleineführern gegen Kinderwagenkonvois im Querformat gegen Hieristjarichtigwaslosüberraschungsgäste zu Felde. So viel zum Thema Erholung…
Radler: Hier lang
Vor 10 (in Worten: zehn) Jahren also beschloss das Parlament, etwas für die Grünanlagen zu tun, nun liegt das Ergebnis vor und es ist nach bester Limburger Art. Wenn uns überhaupt nichts mehr einfällt, dann lasst uns eine Straße bauen. Fast die Hälfte der avisierten halben Million soll für die Erneuerung eines Weges ausgegeben werden, der völlig intakt ist und über den sich niemand beschwert hat. Da sind sie wieder, die Tiefbauer an den Schlüsselstellen unserer Politik und Verwaltung. Sie lieben den Geruch von frischem Asphalt am Morgen. Auf der Fahrt zur Arbeit nehmen sie Umwege in Kauf, um die nächstgelegene Straßenbaustelle zu finden und an einer Teermaschine in Betrieb zu schnüffeln.
Fußgänger: Da. Oder dort.
Ein Außenstehender kann sich nur verwundert die Augen reiben oder sich in einem Sketch des genauso genialen wie verstorbenen Loriot wähnen. In Limburg wird nicht nur beschlossen, Geld für einen Stadtpark auszugeben, der überhaupt nicht existiert. Man geht hier noch viel weiter. In Vorwegnahme des Ergebnisses einer beauftragten und noch gar nicht vorliegenden oder gar veröffentlichten Machbarkeitsstudie verkündete der Bürgermeister, man könne die Maßnahmen ja im Zusammenhang mit der Landesgartenschau 2022 durchführen, für die man sich bis Ende 2014 bewerben will.
Noch mal langsam zum Mitdenken. Eine Stadt, die über keinerlei nennenswerte Grünflächen verfügt, die in irgend einer Form gartenbaulich zu gestalten wären UND so abgetrennt und umzäunt werden können, dass man dort Eintritt erheben kann, soll sich auf ein gartenbauliches Großereignis bewerben? Und dafür in fast 10 Jahren Gelder ausgeben, die bereits vor 10 Jahren beschlossen wurden? DAS nennt man Langzeitplanung.
Ganz gleich, was das Gefälligkeitsgutachten bezüglich der Machbarkeit einer Landesgartenschau sagen wird, im Augenblick wäre eine Bewerbung vollkommen sinnfrei und aussichtslos. Dazu braucht es keine Expertise. Das kann jeder, der schon einmal ein Beet in seinem Garten angelegt hat, problemlos konstatieren. Gegebenenfalls und sicher sehr gerne schriftlich für 50.000,-- €. Die für das Gutachten mal schnell zur Verfügung standen.
Gleichwohl gäbe es eine Möglichkeit, eine solche Bewerbung trotzdem erfolgreich zu gestalten, durch ein weltweit einzigartiges und Aufsehen erregendes Projekt. Dazu bedürfte es jedoch eines mutigen und visionären politischen Handelns, Verhandlungsgeschicks und bräuchte den Willen und die Fähigkeit Neuland zu betreten.
Zu diesem Thema mehr zu einem späteren Zeitpunkt…

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