Die Niagara-Fälle in Nordamerika sind eine
Touristenattraktion. Nur hatten diese für die US-Amerikaner lange Zeit einen
gravierenden Nachteil.Von God’s own Countrys Staatsgebiet aus konnte man nur
die Hufeisen-Fälle sehen. Um die US-amerikanischen zu erblicken, musste man in
dieses seltsame Land jenseits der Grenze reisen: Kanada. Das ging einfach nicht,
aber der Amerikaner an sich ist ja bekanntlich mit Beton schnell zur Hand. Also
wurde eine gigantische Aussichtsplattform in den See gebaut, mit einem einzigen
Zweck: Betrachtung der patriotischen Fälle vom eigenen Territorium aus.
Was das mit Limburg zu tun hat?
Viel. Zu viel eigentlich. Denn geht es nach dem Willen des
Bürgermeisters, wird auch Limburg eine Aussichtsplattform bekommen, mitten auf
der Lahn, von beachtlicher Größe. Das Einzige was fehlt, sind die Limburger
Wasserfälle; da gäbe es höchstens das Wehr und das hört man von der
betreffenden Stelle aus nur. Es gibt nichts Interessantes, das man vom
avisierten Pontonliegeplatz aus betrachten kann. Verwegene könnten den Nacken
verrenken und nach oben starren, vielleicht sehen sie den Dom. Den zu
betrachten gibt es aber mehr als genug Perspektiven, die weniger mühsam zu
finden sind. Die Enten zu füttern ist verboten, also zu welchem geheimnisvollen
Zweck soll nun die besagte Plattform mit der Grundfläche einer
Dreizimmerwohnung dienen?
Designierter Pontonhafen |
Das fragten diverse Stadtverordnete den nominellen Regenten
in der Sitzung des Umweltausschusses (er hat noch mehr Namen, sei aber aus Platzgründen
hier einmal darauf reduziert), als dieser „Pläne“ für den „Stadtpark“
vorstellte. Bockig-trotzig und argumentationsresistent, wie man es in der
letzten Zeit oft genug erlebt hat, wurden alle
Bedenken beiseite gewischt und verkündet, die Plattform werde nunmehr ausgeschrieben.
Immerhin hätte die Stadtverordnetenversammlung diese beschlossen. Und das könne
man jetzt nicht einfach umwerfen.
Nein. An diesem Abend hat niemand „Kehrsatzung“ gerufen.
Man hatte also beschlossen.
Vor zehn Jahren.
So lange brauchte es, bis nach der Willenserklärung der
gewählten Vertreter, „etwas für das Grün an der Lahn zu tun“, endlich eine Art Planung
das Rathaus verließ. Zwischenzeitlich gab es eine Alibiveranstaltung, in der
die Bürger ihre Wünsche und Bedenken äußern durften (Tenor: So lassen, wie es
ist, ein wenig aufräumen, ein paar nette Pflanzen, fertig), die dann
geflissentlich und vollständig ignoriert wurden, dann geschah lange, lange,
lange gar nichts. Bis nun also der Ausschuss tagte und die „Planungen“
offengelegt wurden.
Die Planungen für den Stadtpark.
Gärtnerisch zu gestalten |
Fragt man den Bürger Limburgs, wo denn der Stadtpark sei,
wird er in der Regel mit einem überraschten Stirnrunzeln reagieren. „Haben wir so
was?“ Nein. Haben wir nicht. Zumindest nicht, wenn man die
Definition des kostenlosen Alleswisser-Lexikons des Internets heranzieht.
Wikipedia meint zum Thema:
Park (von mlat. parricus
„Gehege“; mehrzahl Parks in Deutschland und Österreich, Pärke in
der Schweiz) bezeichnet nach den Regeln der Gartenkunst
gestaltete größere Grünflächen, die der Verschönerung und der Erholung
dienen.
Vollständige Erneuerung erforderlich |
Von Gartenkunst ist an der Lahn nichts zu sehen. Aus einem
ganz einfachen Grund. Es gibt dort nichts, was man gestalten könnte. Der
Stadtpark Limburg besteht aus einem schmalen Streifen Land, der sich am Ufer
der Lahn erstreckt und der für irgendwelche gartenbaulichen Aktivitäten nicht
mehr geeignet ist, als ein etwas überdimensionierter Blumenkübel. Ein Pflanzkasten, der an der Nordseite des Hauses hängt. Der „Stadtpark“
ist nicht mehr, als der Grünstreifen einer velocipedalen Rennstrecke. Der
Lahnuferweg gehört zu einem exzessiv befahrenen und bewanderten Wegenetz, auf
dem im Sommer permanent ein Kampf der Kulturen stattfindet. Hier tobt das Leben
und in teils hitzigen Gefechten ziehen Stockstelzen („Nordic Walking) gegen
bunte Extrembiker gegen dauerklingelnde, hollandradbewaffnete
Ausflugsrentnerinnenschwärme gegen Hundanderauszugsleineführern gegen
Kinderwagenkonvois im Querformat gegen Hieristjarichtigwaslosüberraschungsgäste zu Felde. So viel zum Thema Erholung…
Radler: Hier lang |
Vor 10 (in Worten: zehn) Jahren also beschloss das
Parlament, etwas für die Grünanlagen zu tun, nun liegt das Ergebnis vor und es
ist nach bester Limburger Art. Wenn uns überhaupt nichts mehr einfällt, dann
lasst uns eine Straße bauen. Fast die Hälfte der avisierten halben Million soll
für die Erneuerung eines Weges ausgegeben werden, der völlig intakt ist und
über den sich niemand beschwert hat. Da sind sie wieder, die Tiefbauer an den
Schlüsselstellen unserer Politik und Verwaltung. Sie lieben den Geruch von
frischem Asphalt am Morgen. Auf der Fahrt zur Arbeit nehmen sie Umwege in Kauf,
um die nächstgelegene Straßenbaustelle zu finden und an einer Teermaschine in
Betrieb zu schnüffeln.
Fußgänger: Da. Oder dort. |
Ein Außenstehender kann sich nur verwundert die Augen reiben
oder sich in einem Sketch des genauso genialen wie verstorbenen Loriot wähnen.
In Limburg wird nicht nur beschlossen, Geld für einen Stadtpark auszugeben, der
überhaupt nicht existiert. Man geht hier noch viel weiter. In Vorwegnahme des
Ergebnisses einer beauftragten und noch gar nicht vorliegenden oder gar
veröffentlichten Machbarkeitsstudie verkündete der Bürgermeister, man könne die
Maßnahmen ja im Zusammenhang mit der Landesgartenschau 2022 durchführen, für
die man sich bis Ende 2014 bewerben will.
Noch mal langsam zum Mitdenken. Eine Stadt, die über
keinerlei nennenswerte Grünflächen verfügt, die in irgend einer Form
gartenbaulich zu gestalten wären UND so abgetrennt und umzäunt werden können,
dass man dort Eintritt erheben kann, soll sich auf ein gartenbauliches
Großereignis bewerben? Und dafür in fast 10 Jahren Gelder ausgeben, die bereits
vor 10 Jahren beschlossen wurden? DAS nennt man Langzeitplanung.
Ganz gleich, was das Gefälligkeitsgutachten bezüglich der
Machbarkeit einer Landesgartenschau sagen wird, im Augenblick wäre eine
Bewerbung vollkommen sinnfrei und aussichtslos. Dazu braucht es keine
Expertise. Das kann jeder, der schon einmal ein Beet in seinem Garten angelegt
hat, problemlos konstatieren. Gegebenenfalls und sicher sehr gerne schriftlich
für 50.000,-- €. Die für das Gutachten mal schnell zur Verfügung standen.
Gleichwohl gäbe es eine Möglichkeit, eine solche Bewerbung trotzdem
erfolgreich zu gestalten, durch ein weltweit einzigartiges und Aufsehen
erregendes Projekt. Dazu bedürfte es jedoch eines mutigen und visionären
politischen Handelns, Verhandlungsgeschicks und bräuchte den Willen und die
Fähigkeit Neuland zu betreten.
Zu diesem Thema mehr zu einem späteren Zeitpunkt…
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