Mittwoch, 19. Juni 2013

Stadt Limburg will Verkehr wegrechne(r)n



Limburg hat ein Verkehrsproblem, das dürften die wenigsten leugnen, schon gar nicht die, die am Morgen und Abend in Staus an Kreuzungen vor roten Ampeln stehen und sich fragen, warum auf IHRER Seite das Rotlicht 15 Sekunden länger leuchtet, während der Gegenverkehr schon lange wieder fährt UND keine Linksabbieger ihren Weg kreuzen würden.
Grün. Für alle?
Die ganz große Lösung für alle Probleme der automobilen Bewegung fanden Magistrat und Stadtverwaltung vor geraumer Zeit. Ein zentraler Verkehrsrechner muss her, war die Erkenntnis, eine Maschine, die alle Verkehrsströme von einer Stelle aus erkennt, erfasst, berechnet und die gesamte Ampelanlageninfrastruktur so steuert, dass jeder in jede Richtung möglichst schnell kommt. Für die, die nichts glauben, was sie nicht lesen, soll es zudem Anzeigen geben, die in klarer deutscher Prosa übermitteln, was vor sich geht (Achtung Stau in Richtung Innenstadt…) und was der Verkehrsteilnehmer sowieso sieht.
Nachdem über die ganz große Lösung Einigkeit bestand, passierte das, was in Limburg immer passiert, wenn es gilt, Entscheidungen zu treffen. Es muss zunächst einmal für viel Geld ein externes Ingenieurbüro oder auch zwei oder drei beauftragt werden, ein GUTACHTEN zu erstellen.
Ein solches wurde nun von kompetenter Seite vorgestellt. Zwischen alle dem, was geredet, gebildert, geschrieben und gehandoutet wurde, ist es nicht ganz leicht, den wahren und entscheidenden Gehalt der Expertise zu finden. Ein Gutachten wird ja vom Auftraggeber mit einer bestimmten Zielvorgabe bestellt, auch wenn sie „neutral“ verpackt wird. In diesem Fall lautete die Mission: Bitte belegt uns, dass ein zentraler Verkehrsrechner die Lösung all unserer Probleme sein wird.
Der Gutachter bemühte sich mehr als redlich, doch seine professionelle Ehre ließ es wohl nicht zu, sein wichtigsten Erkenntnisse völlig unter den Tisch fallen zu lassen. 
Welche da sind die Folgenden.
Erstens: Ein Auto ist ein Auto. Egal, wo es entlang fährt. Mit einer zentralen Verkehrsleitung wird ein Auto ein Auto bleiben. Zu viele Autos werden zu viele Autos bleiben. Ein Computer bringt Autos nicht zum Verschwinden. Er könnte sie höchstens in Bewegung halten. Doch eine zentrale Verkehrsleitung würde eine Entlastung von nur ca 10% bringen. Das heißt, das vollständige Durchqueren des Stadtgebietes würde z. B. nicht mehr 10 sondern 9 Minuten dauern. Der Zeitgewinn läge damit unter der subjektiven Wahrnehmungsschwelle. Der Autofahrer würde es also nicht merken. Und das gilt sowieso nur, falls die Anlage perfekt funktioniert.
Staumaschine, Version 2.83
Doch dafür gibt es, zweitens, nicht einmal das Embryo einer Garantie. Der Gutachter konstatierte, dass sich die Stadt Limburg mit ihren Wünschen bezüglich der Funktionalität sozusagen auf der Reise in unentdecktes Land befindet. Es gibt NICHTS, auf das die Konstrukteure und insbesondere die Programmierer einer solchen Anlage aufbauen könnten. Eine zentrale Verkehrsleitung für Limburg müsste erst entwickelt werden und zwar in einer Form von Versuch und Irrtum.
Am lebenden Objekt.
Eine Verkehrsführung via Computer braucht eine so gigantische Zahl an Daten UND logischen Verknüpfungen dieser Daten, dass es eine nahezu unlösbare Aufgabe ist, so etwas in einem festgelegten Zeitraum mit festgelegten Mitteln zu erschaffen. Das unumgängliche Resultat wäre eine „Versuchsphase“, also ein nicht näher bestimmter Zeitraum, in dem NICHTS funktioniert. Um irgendwann, in ferner, ferner Zukunft vielleicht einmal 30 Sekunden für eine bestimmte Strecke zu gewinnen, müsste der gemeine Limburger also erst einmal Monate seines Lebens vor falsch programmierten Ampeln verbringen.
Der Gutachter hat es nicht ausgesprochen, aber er hat sich für einen Menschen seiner Profession außerordentlich nahe an ein eindeutiges Urteil getraut. Die Übersetzung seiner Expertise: Seid Ihr des Wahnsinns nackte Kofferträger, so etwas Bescheuertes auch nur in Erwägung zu ziehen? Es wird NICHT funktionieren, sondern jeden Verkehrsfluss über nicht absehbare Zeit zum Erliegen bringen. Darüber hinaus könnt Ihr davon ausgehen, dass die Entwicklung all dessen am Ende sicher das Zehnfache kosten wird, was Ihr jetzt dafür kalkuliert. Lasst um Himmels Willen die Finger davon, wenn Ihr die Limburger nicht noch unglücklicher machen wollt!
Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Frage ist nur, ob irgendjemand die Botschaft verstanden hat? Oder ob mal wieder die geierige Gier nach irgendwelchen Zuschüssen für irgendein sinnfreies Projekt jeden Blick verstellt. Das Problem mit den Zuschüssen, die es von Land, Bund oder auch EU gibt, ist nur: die andere Hälfte des Geldes müssen die Bürger aufbringen. Geld, mit dem man auch etwas Sinnvolles anfangen könnte.

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