Limburg hat ein Verkehrsproblem, das dürften die wenigsten leugnen,
schon gar nicht die, die am Morgen und Abend in Staus an Kreuzungen vor roten
Ampeln stehen und sich fragen, warum auf IHRER Seite das Rotlicht 15 Sekunden
länger leuchtet, während der Gegenverkehr schon lange wieder fährt UND keine
Linksabbieger ihren Weg kreuzen würden.
Grün. Für alle? |
Die ganz große Lösung für alle Probleme der automobilen Bewegung
fanden Magistrat und Stadtverwaltung vor geraumer Zeit. Ein zentraler
Verkehrsrechner muss her, war die Erkenntnis, eine Maschine, die alle
Verkehrsströme von einer Stelle aus erkennt, erfasst, berechnet und die gesamte
Ampelanlageninfrastruktur so steuert, dass jeder in jede Richtung möglichst
schnell kommt. Für die, die nichts glauben, was sie nicht lesen, soll es zudem
Anzeigen geben, die in klarer deutscher Prosa übermitteln, was vor sich geht
(Achtung Stau in Richtung Innenstadt…) und was der Verkehrsteilnehmer sowieso
sieht.
Nachdem über die ganz große Lösung Einigkeit bestand, passierte das,
was in Limburg immer passiert, wenn es gilt, Entscheidungen zu treffen. Es muss
zunächst einmal für viel Geld ein externes Ingenieurbüro oder auch zwei oder
drei beauftragt werden, ein GUTACHTEN zu erstellen.
Ein solches wurde nun von kompetenter Seite vorgestellt. Zwischen alle
dem, was geredet, gebildert, geschrieben und gehandoutet wurde, ist es nicht
ganz leicht, den wahren und entscheidenden Gehalt der Expertise zu finden. Ein
Gutachten wird ja vom Auftraggeber mit einer bestimmten Zielvorgabe bestellt,
auch wenn sie „neutral“ verpackt wird. In diesem Fall lautete die Mission:
Bitte belegt uns, dass ein zentraler Verkehrsrechner die Lösung all unserer
Probleme sein wird.
Der Gutachter bemühte sich mehr als redlich, doch seine professionelle
Ehre ließ es wohl nicht zu, sein wichtigsten Erkenntnisse völlig unter den
Tisch fallen zu lassen.
Welche da sind die Folgenden.
Erstens: Ein Auto ist ein Auto. Egal, wo es entlang fährt. Mit einer
zentralen Verkehrsleitung wird ein Auto ein Auto bleiben. Zu viele Autos werden
zu viele Autos bleiben. Ein Computer bringt Autos nicht zum Verschwinden. Er
könnte sie höchstens in Bewegung halten. Doch eine zentrale Verkehrsleitung würde
eine Entlastung von nur ca 10% bringen. Das heißt, das vollständige Durchqueren
des Stadtgebietes würde z. B. nicht mehr 10 sondern 9 Minuten dauern. Der
Zeitgewinn läge damit unter der subjektiven Wahrnehmungsschwelle. Der
Autofahrer würde es also nicht merken. Und das gilt sowieso nur, falls die
Anlage perfekt funktioniert.
Staumaschine, Version 2.83 |
Doch dafür gibt es, zweitens, nicht einmal das Embryo einer Garantie.
Der Gutachter konstatierte, dass sich die Stadt Limburg mit ihren Wünschen
bezüglich der Funktionalität sozusagen auf der Reise in unentdecktes Land
befindet. Es gibt NICHTS, auf das die Konstrukteure und insbesondere die
Programmierer einer solchen Anlage aufbauen könnten. Eine zentrale
Verkehrsleitung für Limburg müsste erst entwickelt werden und zwar in einer Form
von Versuch und Irrtum.
Am lebenden Objekt.
Eine Verkehrsführung via Computer braucht eine so gigantische Zahl an
Daten UND logischen Verknüpfungen dieser Daten, dass es eine nahezu unlösbare
Aufgabe ist, so etwas in einem festgelegten Zeitraum mit festgelegten Mitteln
zu erschaffen. Das unumgängliche Resultat wäre eine „Versuchsphase“, also ein
nicht näher bestimmter Zeitraum, in dem NICHTS funktioniert. Um irgendwann, in
ferner, ferner Zukunft vielleicht einmal 30 Sekunden für eine bestimmte Strecke
zu gewinnen, müsste der gemeine Limburger also erst einmal Monate seines Lebens
vor falsch programmierten Ampeln verbringen.
Der Gutachter hat es nicht ausgesprochen, aber er hat sich für einen
Menschen seiner Profession außerordentlich nahe an ein eindeutiges Urteil
getraut. Die Übersetzung seiner Expertise: Seid Ihr des Wahnsinns nackte
Kofferträger, so etwas Bescheuertes auch nur in Erwägung zu ziehen? Es wird NICHT
funktionieren, sondern jeden Verkehrsfluss über nicht absehbare Zeit zum
Erliegen bringen. Darüber hinaus könnt Ihr davon ausgehen, dass die Entwicklung
all dessen am Ende sicher das Zehnfache kosten wird, was Ihr jetzt dafür
kalkuliert. Lasst um Himmels Willen die Finger davon, wenn Ihr die Limburger
nicht noch unglücklicher machen wollt!
Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Frage ist nur, ob irgendjemand die
Botschaft verstanden hat? Oder ob mal wieder die geierige Gier nach
irgendwelchen Zuschüssen für irgendein sinnfreies Projekt jeden Blick verstellt.
Das Problem mit den Zuschüssen, die es von Land, Bund oder auch EU gibt, ist
nur: die andere Hälfte des Geldes müssen die Bürger aufbringen. Geld, mit dem
man auch etwas Sinnvolles anfangen könnte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen