Montag, 23. Februar 2015

Limburg - tolerant und weltoffen?



Die Stadtverordnetenversammlung hat auf Antrag des parteibefreit antretenden Bürgermeisterkandidaten beschlossen, ein Bündnis für ein tolerantes und weltoffenes Limburg ins Leben zu rufen. Das heißt, nicht die Stadt wird es gründen, sondern die Parlamentarier wollen "relevante" gesellschaftliche und kirchliche Gruppen zum Jagen tragen, damit sie eine solche formlose Vereinigung ...
Ja, was eigentlich?
Auf jeden Fall sollen sie erstmal eingeladen werden, die Gruppen, wobei die Definition des Begriffs „relevant“ nicht geliefert wurde. Die relevanten, also wichtigen Menschen aus wichtigen Gruppen werden dann ggf. mehrfach zusammentreffen, in einen Raum mit Kaffee, Tee, Keksen und jeder Menge gutem Willen. Am Ende wird man sehen, was dabei herauskommt.
LM - Parlament sagt: weltoffen
Bemerkenswert ist auf jeden Fall, dass ein solcher Beschluss ohne ein Gutachten erfolgen konnte. Und das in Limburg. Nun gut, es handelt sich ja um kein kleines Bauvorhaben. Es geht um die Menschen…
Dabei wäre es vielleicht in gerade diesem Sonderfall einmal dringend angesagt, zunächst eine intensive Bestandsaufnahme durchzuführen. Der Wortlaut des Beschlusses impliziert aber fatalerweise, dass man in Limburg Toleranz und Weltoffenheit tatsächlich allerorten vorfindet. Nur genau dieses Ergebnis zu belegen und halbamtlich zu dokumentieren, ist erklärte Aufgabe des nun befohlenen Bündnisses.
Die ganz große Frage ist jedoch: Wie ist es um Toleranz und Weltoffenheit in Limburg tatsächlich bestellt? Betrachtet man beispielsweise den Umgang mit Auswärtigen, die in Limburg und (auch) für Limburg Geld ausgeben wollen, ist diese Stadt rund um den Domfelsen ein Notstandsgebiet. Dazu haben die Parlamentarier, die nun so bereitwillig die Offenheit dokumentieren wollen, immer wieder und sehr nachdrücklich gesorgt. Wir haben nichts gegen Fremde – solange sie von hier sind. Wenn aber die gewählten Gremien einer Stadt schon dem (per Definition) Fremden so aggressiv ablehnend gegenüberstehen, wie sieht es dann in der Einwohnerschaft aus?
Interessant wäre tatsächlich, erst einmal eine Studie (Schulprojekt Oberstufe, Marienschule, ruft endlich "hier!") zu erstellen, wie die Bürger, Einwohner, Besucher, Durchreisenden und Touristen diese Stadt zwischen Westerwald und Taunus in Wirklichkeit empfinden. Wenn ein solches Ergebnis vorliegt, dann kann man darüber nachdenken, ob man das großartige Resultat kollektiv kommuniziert - oder ob man wegen des desaströsen Ergebnisses sich mit ALLEN gemeinsam Gedanken darüber machen muss, wie es besser werden könnte.
Der aktuelle Ablauf zeigt aber wieder einmal, wie unendlich weit die Parlamentarier von der "Basis" entfernt sind. Ihre Befindlichkeit wird einfach der selektiven Wahrnehmung und einem Wunschdenken angepasst und die einzige Aufgabe der Menschen in dieser Stadt ist jetzt, genau diesen behaupteten Zustand zu bestätigen. Haben dazu nicht genug Bürger Lust, wird man ihnen durch den kommunalen Oberlehrer sicher wieder lautstark mangelnde Beteiligung, Desinteresse und Gleichgültigkeit vorwerfen.
Es steckt in dem Antrag sicher (neben Wahlkampf...) ein echtes Anliegen. Nur Weg und Ziel sind hier nicht zu Ende gedacht. Nicht einmal zu Anfang.
Der Antrag wurde übrigens mit großer Mehrheit angenommen. Lediglich die FWG war nicht bereit, für Toleranz und Weltoffenheit zu stimmen.

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