Donnerstag, 11. Juli 2013

Das Schwarze Loch am Dom



Die alte Vikarie am Domplatz ist ein sehr schönes Fachwerkhaus. Nachdem das Gerüst entfernt wurde, ist dies nun wieder klar zu sehen und sie ist tatsächlich mit Sachverstand und Sorgfalt restauriert worden und ein Schmuckstück.
Auch wenn sie es nicht vermag, mit ihrem leuchtenden Rot und den strukturierten, weißen Flächen der Gefache die erdrückende Last des klerikalen Atomschutzbunkers zu überstrahlen, der hinter ihr stockfinster lauert, stellt sie doch das geschmackvollste Gebäude dar, das im Rahmen der Errichtung des „Diözesanen Zentrums“ entstanden ist.
Doch so nett und harmlos, wie sie dasteht, ist die Alte Vikarie wohl nicht, soll man den Verlautbarungen Glauben schenken, die wieder einmal vom Domberg kommen.
Die Alte Vikarie ist an allem Schuld, erfährt man nun. 
Denn sie hat fast 10 Millionen gekostet, heißt es. 9,75 Millionen der kostbaren Euro sollen in die Sanierung dieses einen Baus geflossen sein und Denkmalschutz ist angeblich die Ursache dieser atemberaubenden Kosten.
10 Millionen-Grab?
Doch hier beweisen die Menschen an den Schaltstellen der bischöflichen Verlautbarungspolitik wieder einmal das Maß an unfreiwilligem Humor, das Mitteilungen aus diesem Haus so beliebt gemacht hat.
Limburg ist eine Stadt mit einem hohen Maß an historischer Bausubstanz. Diese wurde von den Besitzern zu großen Teilen aufwändig saniert. Von daher finden sich an der Lahn zahlreiche Sachverständige aus der Not, die genau wissen, was Fachwerkbau kostet - und es ist nicht ganz leicht, denen ein Märchen zu erzählen. Oder auch mehrere, nacheinander, sich steigernde.
Historische Häuser zu restaurieren und zu pflegen ist nicht billig. Ganz bestimmt nicht. Aber SO teuer, wie nun behauptet wird, ist es auch wieder nicht.
Was gerade abläuft ist nichts weiter als der nächste Akt im Sommertheater der klerikalen Verschleierungen und es ist so unnatürlich-pseudoaufrichtig-unterhaltsam, dass es gescriptet alle Chancen hätte, als Reality-Show bei einem Privatsender unterzukommen. Titel: Domfelsen – Tag und Nacht.
Es ist noch keine 14 Tage her, da wurde anlässlich der mehrfach gewohnt pompös inszenierten Inbesitznahme durch TvE betont, die gesamten Baukosten betrügen 9,75 Millionen.
Nun wird bereits zurückgerudert.
Die Gesamtkosten stehen noch nicht fest. Mal wieder. Die Funktionstaste 12, unter der diese hohle Phrase wohl auf dem Computer der Pressestelle abgelegt ist, müsste inzwischen vollkommen abgenutzt sein, so oft wurde sie in den letzten Jahren benutzt.
Ganz gleich, was verkündet wurde, es standen die endgültigen Kosten noch nicht fest. Immer. Nur eins war sicher: Sie wurden höher. Immer nur höher und höher.
Schauen wir doch mal ein klein wenig zurück.
Als die ersten Meldungen kamen, der neue Bischof plane einen eigenen Bau, nur für sich und seine Bedürfnisse, für bescheidene 3,5 Millionen, war 2007 die Empörung in der Öffentlichkeit groß.
2008 kam dann eine Art kleiner Entwarnung. Alles in allem würde das Projekt doch nur 2 Millionen kosten – und darin seien nur 200.000 für bischöfliche Schlafzimmer und Toilettenanlagen enthalten. Der Rest sei für die erforderliche und (angeblich) vom Bistum bereits beschlossene und finanzierte Sanierung der Alten Vikarie.
Genau. Für das Gebäude, das nun fast 10 Millionen gekostet haben soll.
Doch diese Zahlen hatten keine besonders große Halbwertzeit.
Nicht viel später war wieder von den 3,5 Millionen die Rede.
Nach einem Dementigewitter in der Folge musste dann mehr oder weniger kleinlaut zugegeben werden, dass 5,5 Millionen erforderlich seien.
Moderner Festungsbau; bislang kostenlos
Aber in erster Linie wegen des Denkmalschutzes. Also wegen derselben Auflagen und Anorderungen, die nur zwei Jahre zuvor noch mit 1,8 Millionen zu bedienen gewesen wären.
Angeblich.
Die nächste Wasserstandsmeldung ging dann schon über 6,5 Millionen, mit empörtem, ja genau, Dementi, als gemutmaßt wurde, dass am Ende des Tages dann wohl sogar eine zweistellige Millionensumme unter dem Strich stünde.
Dann war es längere Zeit ruhig. Zumindest an der Zahlenfront. Laut war es nur in der Altstadt, Tag und Nacht.
Taste 12 war in der Folgezeit gefragt, ohne eine konkrete Angabe.
Keine endgültigen Erkenntnisse über Gesamtkosten.
Dann war man fertig. Sozusagen.
Nun folgte also, vor Wochenfrist, die schöngerechnete Botschaft, dass man im einstelligen Millionenbereich blieb. Gerade so.
April, April, heißt es nun - und das mitten im Juli.
Jetzt fehlt also wieder ein ungenannter Betrag – und das ist der ganze große Haufen, der für die größenwahnsinnigen Bunkerbauten ober- und unterirdischer Natur erforderlich war, einschließlich Brunnen aus italienischem Marmor (zur Präsentation vor der Öffentlichkeit rasch abgedeckt…) und fotoelektrisch sich blickdicht verwandelnder Duschkabinen.
Die Gesamtkosten?
Man kann wieder einmal nur schätzen (was man seitens der Verantwortlichen vermeidet).
Nur eins ist ganz sicher. Es wird teurer. Noch viel, viel teuerer. Der bischöfliche Spielplatz an Dom ist zu einem Schwarzen Loch geworden, das in erster Linie eins anzieht und verschlingt: Massen von Geld.
Der interessierte Beobachter liegt ganz sicher nicht falsch, wenn er davon ausgeht, dass irgendwann auch 20 Millionen nicht mehr ausreichen werden.
Nur so, als kleiner Maßstab für diese Dimensionen: Die Bundesrepublik Deutschland hat für den Neubau der A3 Autobahnbrücke einschließlich Verlegung der Zu- und Abführung 80 (in Worten: achtzig) Millionen Euro kalkuliert.
Diese neue Brücke soll dann aber täglich von wenigstens 120.000 Menschen genutzt werden.
Und nicht nur von einer vereinzelten hochwürdigsten Eminenz.

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